2017-11-06 16:54:00

D: „Gegen Hartherzigkeit und Ressentiments“


Mit einem Appell, die Seelsorge verstärkt auch auf den Umgang mit Flüchtlingen auszurichten, ist am Montag der dritte Katholische Flüchtlingsgipfel der Deutschen Bischofskonferenz in Köln zu Ende gegangen. „Als Christen kann es uns nicht gleichgültig sein, wenn Hartherzigkeit an die Stelle von Solidarität tritt und Ressentiments den Blick auf den Nächsten verdunkeln“, erklärte der Sonderbeauftragte für Flüchtlingsfragen der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Stefan Heße (Hamburg), der zum Gipfel eingeladen hatte. Rund 150 Praktiker, Experten und Ehrenamtliche der kirchlichen Flüchtlingshilfe waren in Köln zusammengekommen.

 Nachdem der vergangene Flüchtlingsgipfel im September 2016 vor allem die Herausforderungen der Integration in den Mittelpunkt der Beratungen gestellt hatte, ging es jetzt um Fragen der seelsorglichen Begleitung von geflüchteten Menschen. Erzbischof Heße beklagte, dass zahlreiche Ehrenamtliche, die sich für schutzsuchende Menschen engagieren, oft in einem von Vorurteilen und Feindseligkeit geprägten Klima entmutigt würden. „Wenn Menschen in unserem Land Schutz suchen, haben sie die Hoffnung, in ihren individuellen Notlagen Beistand zu erfahren.“ Die Kirche sei hier in besonderer Weise gefragt: „Auch wenn wir nicht für alle Probleme eine Lösung anbieten können: Es ist unsere Aufgabe, präsent zu sein – unter den Menschen, mit den Menschen, für die Menschen. Wir müssen präsent sein – gerade an Orten, die wenig Freiheit und viel Verzweiflung kennen. Wir müssen präsent sein, um Gottes Liebe zu verkünden und zu bezeugen. Und wir sollten Gott gerade dort entdecken helfen, wo unsere Bequemlichkeit seine Gegenwart nicht zulassen mag“, so Erzbischof Heße. 

Vor den Teilnehmern des Flüchtlingsgipfels erinnerte der Untersekretär der Abteilung für Migranten und Flüchtlinge im Vatikanischen Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen, Pater Michael Czerny SJ, an das Anliegen von Papst Franziskus: Besondere Aufmerksamkeit und Anstrengungen seien notwendig, um sicherzustellen, dass Menschen, die zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen seien, nicht ausgeschlossen oder zurückgelassen würden. „Aus katholischer Sicht sind zum Schutz von geflüchteten Menschen daher die Leitworte ‚aufnehmen, schützen, fördern, integrieren‘ für kirchliches und staatliches Handeln zentral“, sagte Pater Czerny.

Die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak betonte in ihrem Vortrag, dass das Leben mit und Lernen von Schutzsuchenden die Seelsorge der Kirche verändern könnten. „Mit ihnen kann die Kirche wieder zur Lerngemeinschaft im Glauben werden.“ Insbesondere mit Blick auf geflüchtete Kinder und Jugendliche kritisierte Polak, dass es empörend sei, wie wenig in den aktuellen Flucht- und Migrationsdebatten die Erfahrungen und Bedürfnisse junger Menschen wahr- und ernst genommen würden. „Wir haben es hier mit einer tickenden Zeitbombe zu tun, denn psychische Verletzungen wirken sich nachhaltig aus – und das über Generationen hinweg. Migranten leiden überdurchschnittlich häufig an chronischen psychischen und physischen Krankheiten. Über die transgenerationale Weitergabe von Traumata, von Unversöhntheiten, Ressentiments und Hass dräut hier ein für den Einzelnen lebensgefährliches, für das gesellschaftliche Zusammenleben bedrohliches Szenario, das auch die nachkommenden Generationen extrem belasten kann“, so Prof. Polak.

(dbk 06.11.2017 sk)








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