2017-10-28 11:27:00

Vatikan: EU hat „zutiefst christliche“ Grundlage


Den Menschen wieder ins Zentrum stellen: Das fordert Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin von Europa und seinen Institutionen. Er äußerte sich im Rahmen der Eröffnung des dreitägigen Dialogtreffens „(Re)thinking Europe“, das sich mit dem christlichen Beitrag zur Zukunft der EU beschäftigt. Auf Einladung der Kommission der Europäischen Bischofskonferenzen Comece sind rund 350 hochrangige Vertreter aus Kirche, Gesellschaft und EU im Vatikan zusammengekommen, um in Plenumssitzungen und Kleingruppen über die Zukunft Europas angesichts der aktuellen Herausforderungen zu diskutieren.

In seiner Eröffnungsansprache betonte Kardinal Parolin, wie sehr dem Papst die europäische Idee am Herzen liege. Insbesondere die Herausforderungen durch neu erstarkende Separationsbestrebungen, wie sie die Abstimmung zum „Brexit“ offengelegt hatte, hätten den Heiligen Vater dazu bewogen, eine Vatikanbeteiligung an dem Treffen zu wünschen, bei dem Perspektiven für die Zukunft des europäischen Projektes aufgezeigt werden sollen. Diese müssten über den Versuch hinausgehen, kurzfristige Lösungen für aktuelle Probleme zu finden, betonte Parolin. Um die Idee Europas zu „aktualisieren“, so zitierte der Kardinal aus der programmatischen Ansprache des Papstes anlässlich der Karlspreisverleihung, sei es wünschenswert und nötig, einen „neuen Humanismus“ zu schaffen, der auf drei Fähigkeiten basiere: „Die Fähigkeit zu Integration, zum Dialog und zum Handeln“. Das eigentliche Merkmal Europas sei dessen Sicht des Menschen und seiner Würde, rief der Kardinalstaatssekretär ein in den Augen des Papstes zentrales Prinzip in Erinnerung. Das Europäische Projekt sei Menschenwerk und als solches verbesserungsfähig, räumte der Kardinal ein. Doch gerade aus diesem Grund sei es nötig, als Christen einen Beitrag dazu zu leisten, die „menschliche Gemeinschaft aufzubauen und festigen“, berief er sich auf die Konzilskonstitution Gaudium et Spes.

Warnung vor Unterminierung der Solidarität

Frans Timmermans, Erster Vizepräsident der Europäischen Kommission, warnte in seinem Beitrag vor einer Unterminierung der Solidarität in Europa. Eine Grundlage der EU sei das „zutiefst christliche“ Prinzip, dass der eigene Erfolg vom Erfolg des anderen abhänge. Die Fähigkeit zu teilen und der Wunsch nach dem Wohlergehen des Nachbarn seien wesentlich. Derzeit hätten aber viele in Europa das Gefühl, das Teilen gehe nur zulasten einiger weniger. Timmermans verwies unter anderem auf die Migrationskrise. Einige europäische Staaten schulterten große Lasten, während sich andere heraushielten.

Die Teilnehmer der Dialogveranstaltung beraten größtenteils in nichtöffentlichen Panels und Workshops in der Synodenaula im Vatikan. „Es geht darum, Politik und Kirche ins Gespräch zu bringen“, sagte der österreichische ComECE-Vize-Generalsekretär Michael Kuhn im Vorfeld. Es gebe oft nur noch eine Diskussion über technische Details der EU, aber keine wirkliche politische Diskussion mehr. Dabei sei sie in der derzeitigen Situation Europas „dringend notwendig“. Am Samstagnachmittag hält Papst Franziskus eine programmatische Rede zu Europa vor dem Kongress.

(kap/rv 28.10.2017 nh)








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