2017-09-16 11:08:00

Vatikan ist besorgt über Rohingya-Krise und Nordkorea


Der Vatikan ist äußerst besorgt über das Leiden der muslimischen Rohingya, die vor der Gewalt im Nordwesten von Myanmar zu Hunderttausenden nach Bangladesch fliehen. Papst Franziskus wird beide Länder Ende November besuchen.

Der vatikanische „Außenminister“, Erzbischof Richard Gallagher, bestätigte im Gespräch mit Radio Vatikan, dass Franziskus unlängst die heimliche Nummer eins der Regierung von Myanmar, Aung San Suu Kyi, auf das Leiden der Rohingya angesprochen habe. Gallagher hat letzte Woche den Iran besucht und dabei auch Gespräche über das Los der Rohingya geführt.

„Ich muss zugeben: Ich war ziemlich überrascht, wie emotional die iranische Regierung über dieses Thema spricht. Sowohl politische als auch religiöse Verantwortliche haben mich auf die Rohingya angesprochen. Als Aung San Suu Kyi vor ein paar Monaten beim Papst und anschließend auch im Staatssekretariat war, haben wir das Thema aufs Tapet gebracht; ihre Antwort klang ähnlich wie ihre öffentlichen Äußerungen in den letzten Tagen. Wir sprechen mit Kardinal (Charles) Bo und den Bischöfen von Myanmar über die Lage der Rohingya und haben keinen Zweifel daran, dass die Bischöfe in dieser Angelegenheit Druck auf die Behörden ausüben werden. Wir werden die Angelegenheit bei der Vorbereitung der Reise des Heiligen Vaters weiter aus der Nähe verfolgen und hoffen darauf, dass es eine Lösung gibt und diese armen Menschen nicht mehr so furchtbar leiden müssen.“

Papst Franziskus habe die Verfolgungen und Diskriminierungen der Rohingya schon mehrfach öffentlich beklagt, so der britische Kurienerzbischof; von seinem Plan, Myanmar und Bangladesch zu besuchen, rücke der Papst nicht ab.

Frieden auf der koreanischen Halbinsel „fundamental für den Weltfrieden"

Im Radio-Vatikan-Interview äußerte sich Erzbischof Gallagher auch zur Krise um die nordkoreanischen Atomtests.

„Natürlich sind wir extrem besorgt; wenn man die geographische Lage der koreanischen Halbinsel sieht, versteht man, wie fundamental sie für den Weltfrieden ist. Bekanntlich hat es keinen formellen Abschluss des Koreakriegs gegeben, und es gibt kaum Kommunikationskanäle und schon gar keinen Dialog. Schon deswegen sollte man alles nur Mögliche tun, um für Frieden und Sicherheit auf der koreanischen Halbinsel zu sorgen. So viele andere Staaten sind von der Krise betroffen: China, Japan, Südkorea selbst. Unser Ziel ist eigentlich sehr klar: Der Heilige Stuhl bleibt dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt verpflichtet, die auf einer Ethik der Geschwisterlichkeit gründet und nicht auf einer Ethik der Aggression. Wir hoffen darauf, dass die internationale Gemeinschaft weiter Druck auf Nordkorea ausübt.“

Das hört sich so an, als unterstütze der Vatikan die neueste Verschärfung von Sanktionen gegen das nordkoreanische Regime. Gallagher hat selbst schon zwei Mal Pyöngyang besucht, vor etwa zwanzig Jahren, als er noch nicht vatikanischer „Außenminister“ war. Heute wie damals habe der Heilige Stuhl so gut wie keine Kommunikationskanäle nach Nordkorea, bedauert er. Immerhin, zu Südkorea bestehe ein guter, regelmäßiger Kontakt.

Mahnung zu Einheit an die Weltgemeinschaft

Nächste Woche reist Gallagher nach New York an den Hauptsitz der Vereinten Nationen. Dort will er die internationale Gemeinschaft daran erinnern, „dass die Krise auf der koreanischen Halbinsel nur ein Teil einer allgemein sehr unsicher gewordenen Weltlage“ sei. „Wir sollten wirklich aufwachen und verstehen, welche großen Gefahren die Welt jetzt bedrohen – von einem Ausmaß, wie es das seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben hat! Es wäre nötiger als je zuvor, dass die Weltgemeinschaft geeint auftritt.“

Bei seinem Besuch im Iran letzte Woche hat Gallagher mit Vertretern des Regimes auch über den Bürgerkrieg in Syrien gesprochen (an dem sich iranische Kämpfer beteiligen) – und über die zwei parallel laufenden Friedensprozesse.

„Unsere iranischen Gesprächspartner gaben uns zu verstehen, dass sie darauf hoffen, dass die (von der UNO geleiteten) Gespräche in Genf gestärkt werden und dass der Prozess vorankommt. Obwohl Iran zusammen mit der Türkei und Russland auch an den Astana-Gesprächen beteiligt ist, ist Teheran doch daran interessiert, auch den Genfer Dialog zu stärken, den die UNO leitet. Das zeigt hoffentlich den Weg zu einem nationalen Dialog (in Syrien), auf dem der Friede aufgebaut werden könnte. Natürlich ist noch viel zu tun, aber unsere iranischen Gesprächspartner gaben uns zu verstehen, dass sie darauf hinarbeiten.“

Geflüchtete Christen aus dem Nahen Osten werden wohl kaum in ihre Heimat zurückkehren

Zur Zukunft oder Nicht-Zukunft der bedrängten christlichen Gemeinschaften in Syrien und dem Irak sagte Gallagher, viele der geflüchteten Christen würden wohl auch nach Friedensschlüssen kaum in ihre Heimat zurückkehren, „da müssen wir realistisch sein“. Immerhin würden wohl viele der Christen, die jetzt als Flüchtlinge in Camps im Libanon und Jordanien leben, eine Rückkehr erwägen, wenn ihnen Anreize und Sicherheitsgarantien gegeben würden.

„Eigentlich haben Christen eine wesentliche Rolle im ganzen Nahen Osten – sie sind gerade angesichts der Spannungen zwischen anderen religiösen Gruppen so etwas wie der Zement, der die Gesellschaft zusammenhält. Sie waren immer schon Teil der Region und sollten dort weiter Teil der Gesellschaft sein können, Bürger sein wie alle anderen, und ihren Beitrag leisten zum Wiederaufbau dieser Nationen.“

Lage der Christen im Iran besprochen

Über die Schwierigkeiten, mit denen Christen im Iran konfrontiert sind, habe er u.a. im Außen- und im Kulturministerium, das auch für religiöse Belange zuständig ist, offen gesprochen. Seine Gesprächspartner hätten beteuert, wie sehr sie die Rolle der Christen im Iran wertschätzten, zugleich aber ein „etwas anderes Verständnis von Kult- und Religionsfreiheit“ vertreten. Die „Spielregeln“ seien „sehr schwer für unsere christlichen Gemeinschaften“, urteilte Gallagher. Vielleicht habe sein Besuch bei der politischen Führung des Landes aber neue Aufmerksamkeit für die Problematik geweckt. Auf die Frage, ob er sich einen Papstbesuch in Teheran vorstellen könne, versetzte der Erzbischof: „Im Moment ist davon noch keine Rede; davon sind wir noch weit entfernt, denke ich. Zwar hat der Päpstliche Dialograt gute Beziehungen zum Iran, aber gute Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl – das habe ich meinen Gesprächspartnern zu erklären versucht – sollten sich eigentlich auch in guten Beziehungen zu den christlichen Gemeinschaften vor Ort niederschlagen. Es ist ein work in progress…“

 

(rv 16.09.2017 sk)








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