2017-08-16 11:58:00

D: „Bischof wird in Mainz positiv wahrgenommen"


Peter Kohlgraf ist Priester des Erzbistums Köln und wird am 27. August zum neuen Bischof von Mainz geweiht. „Das Reich Gottes ist euch nahegebracht“, ist der Spruch, den er als Bischof ausgewählt hat. In einem großen Interview mit unserem Partnersender Domradio spricht er über seine Gefühle vor der Weihe, die Augaben, die ihn ihn seinem neuen Amt erwarten und Papst Franziskus. Die Fragen stellte Renardo Schlegelmilch.

Domradio: Sie stehen kurz vor der Weihe im Mainzer Dom. Wie sieht es da in Ihnen aus?

Peter Kohlgraf (ernannter Bischof von Mainz): Ehrlich gesagt wundere ich mich ein wenig, dass ich nicht ganz so dramatisch angespannt bin. Ich vermute das kommt dann in den letzten Tagen davor.

Domradio: Sie haben die vergangenen Jahre als Dozent an der katholischen Hochschule in Mainz gearbeitet. Die Schüler und Studenten sprechen von Ihnen als offen, authentischen Menschen, der auch die Jugend nicht von oben herab behandelt hat. Welche Rolle spielt das denn mit jungen Leuten, mit engagierten Laien eine Beziehung aufzubauen?

Kohlgraf: Ich war auch vorher schon lange als Religionslehrer tätig. Schon da gab es eine starke Nähe. Vor einer Gruppe Jugendlicher kann man sich nicht verstecken, da muss man authentisch sein. Das ist nicht nur vielleicht mein Naturell, sondern die einzige Methode in einer Schule oder Hochschule mit jungen Menschen umzugehen. Ich glaube, dass die sofort merken, wenn man schauspielert.

Domradio: Nehmen Sie sich das auch für die neue Aufgabe ein bisschen mit?

Kohlgraf: Ich denke schon. Zu meinem Naturell gehört es nicht hinter einer Fassade zu leben. Ich glaube, wer mich kennt wird das bestätigen. Das kann aber auch bedeuten, dass ich einem Konflikt nicht unbedingt aus dem Weg gehe.

Domradio: Bei Ihrer Ernennung haben Sie gesagt: „Auch ein Bischof bleibt ein ganz normaler Mensch." Da gibt es vielleicht auch Leute, die das anders sehen?

Kohlgraf: Vielleicht sind das die, die mich auch vorher für nicht ganz normal gehalten haben (lacht). Natürlich ändert sich die Rolle. Ich werde mich auch nicht mehr so ungezwungen durch die Stadt bewegen können. Das merke ich auch jetzt schon. Mainz ist keine 20-Millionen-Stadt. Man kennt den Bischof. Die Leute nehmen einen wahr, grüßen auch freundlich, bisher zumindest. Bisher hat mich noch jeder anständig behandelt. Ich denke zu dieser "Normalität" gehört also auch, dass ich mich normal durch die Stadt bewege. Aber die Mainzer kennen das auch. Das war bei Kardinal Lehmann ja auch immer so.

Domradio: Mit Kardinal Lehmann als Vorgänger muss man sicher auch ganz schön große Fußstapfen füllen. Schwebt das ein wenig als Wolke über Ihnen?

Kohlgraf: Nein, gar nicht. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu ihm. Ich habe wirklich den Eindruck, er freut sich, dass ich sein Nachfolger bin. Ich habe regelmäßig auch Gespräche mit ihm, das könnte also nicht besser laufen. Was ich in Mainz merke, und das ist sicher ein Verdienst von Lehmann und auch seinen Vorgängern, dass der Titel und die Person des Bischofs in Mainz positiv belegt ist. Es mag auch Bistümer geben, wo das anders ist. Wenn aber in Mainz über den Bischof gesprochen wird, klingelt bei den Leuten etwas Gutes, Positives, Freundliches.

Domradio: Sie wissen also auch schon, welche Aufgaben und Herausforderungen auf Sie zukommen werden die nächsten Jahre?

Kohlgraf: Einiges habe ich zumindest schon erahnen können. Je konkreter es wird, desto mehr verstehe ich jetzt auch worum es wirklich geht. Die Hauptbaustellen kenne ich aber, ja.

Domradio: Sie übernehmen das Bistum nicht in der einfachsten Zeit. Die Gemeinden werden zusammengelegt, die Zahl der Taufen geht zurück. Wie werden Sie das angehen?

Kohlgraf: Das ist ein Thema, dass wir relativ schnell angehen müssen. Ich sehe im Moment keine große Lust, weder bei mir, noch bei den anderen, über diese Riesengemeinden nachzudenken. Wir müssen einfach überlegen, ob es andere Wege gibt. Das Bistum Mainz zeichnet sich durch sehr unterschiedlich geprägte Regionen aus. Wir haben einige katholische Städte, aber auch viele Diaspora-Gemeinden. Eine Stadt wie Mainz muss man anders aufstellen, als kleine Gemeinden auf dem Land. Und genau da müssen wir ran.

Domradio: Haben Sie schon Ideen? Zur Laienbeteiligung zum Beispiel?

Kohlgraf: Ohne Beteiligung der Laien wird’s gar nicht gehen. Je weiter sich die Kirche, und deren Verantwortliche, von der Basis entfernt, von den Menschen um den Kirchturm herum, desto geringer wird auch die Kirchenbindung bei den Menschen. Man braucht einfach ein Gesicht oder Gesichter vor Ort, mit denen man Kirche identifiziert. Genau da müssen wir Menschen gewinnen auch den Mut zu haben und die Lust, der Kirche heute ein Gesicht zu geben und Jesus ein Gesicht zu geben.

Domradio: Was ja auch die Idee von Papst Franziskus ist.

Kohlgraf: Er kritisiert hin und wieder sehr stark, wie sehr sich die Kirche in manchen Regionen von der Basis weg entwickelt. Er hat auch Vorstellungen, die uns manchmal etwas kurios erscheinen. Nach dem Motto: Stellt einen Wohnwagen hin, dass Seelsorgern den Leuten noch näher sind.

Domradio: Was nehmen Sie sich daraus als persönlichen Auftrag mit?

Kohlgraf: Eine ganze Menge, auch vieles, was man vielleicht nicht direkt erwarten würde. Ich erlebe bei ihm, wie auch bei anderen vor ihm, eine ganz authentische Christus-Beziehung. Eine „Freude am Evangelium", wie er sein Buch nennt. Die spürt man bei ihm einfach, wenn man ihn erlebt und sieht. Alle anderen Fragen, von Strukturen bis zur Weitergabe des Glaubens, das hängt alles an dieser Begeisterung für den Glauben. Wenn ich diese Begeisterung nicht selber in mir trage, dann nutzen auch die besten Methoden nichts.

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(domradio 16.08.2017 cs) 








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