2017-07-31 11:35:00

Asiatischer Jugendtag in Indonesien: Absage an Radikalismen


Ein großes Glaubensfest für Asiens katholische Jugend: Am Mittwoch beginnt der Asiatische Jugendtag, der erstmals in Indonesien stattfindet – einem Land, das auf religiösem Gebiet eine teils besorgniserregende Entwicklung nimmt. Schon seit Sonntag kommen zur Vorbereitung in verschiedenen Städten Indonesiens die Teilnehmer zusammen, um das Jugendtreffen einzuläuten. Am 2. August geht es dann in der Stadt Yogyakarta (Erzdiözese Semerang) auf der indonesischen Hauptinsel Java los, bis zum 6. August kommen junge Katholiken aus 21 asiatischen Staaten zusammen, um ihr großes gemeinsames Glaubensfest zu feiern. Das Motto des diesjährigen Treffens lautet: „Freudvolle asiatische Jugend: Das Evangelium im multikulturellen Asien leben.“

Dem Treffen und seinem Motto kommt mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen in dem Land eine besondere Bedeutung zu: Radikales islamistisches Gedankengut, das dem Pluralismus feindlich gegenüber steht. bahnt sich zunehmend seinen Weg in einer Gesellschaft, deren demokratische und pluralistische Grundsätze verfassungsgemäß verankert sind - basierend auf Prinzipien, die unter dem Namen der Pankasila bekannt sind. Valeria Martano ist die Indonesienbeauftragte der Gemeinschaft Sant´ Egidio, die enge Kontakte in das asiatische Land unterhält. Unser Korrespondent vor Ort, Stefano Leszczynski, hat sie gebeten, uns das Umfeld des Treffens zu erläutern.

„Die Situation ist sehr heikel und sicherlich großen Entwicklungen unterworfen, die ein wenig zittern lassen. Denn Indonesien ist das bevölkerungsreichste muslimische Land weltweit. Es hat immer diese demokratische, pluralistische Tradition beibehalten, die auf der Ideologie der Pankasila basiert. Diese erkennt die Einheit des Landes in der Vielfalt der religiösen Traditionen und fördert die soziale Gerechtigkeit. Dennoch ist diese Situation auf eine harte Probe gestellt durch einen Moment der Spannungen, die annehmen lassen, dass radikale Strömungen aufbegehren.“

Die zwei wichtigsten islamischen Organisationen des Landes, Nahdlatul Ulama und Muhammadiyah, versuchten mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, sich diesen Entwicklungen entgegenzustemmen, erklärt Martano. Auch die Regierung habe das Problem erkannt und eine spezielle Task-Force zum Schutz der Pankasila gegründet. Diese müsse erst noch mit Leben gefüllt werden, gibt die Indonesienspezialistin zu bedenken, doch es sei bemerkenswert, dass man bei der Bekämpfung des islamistischen Radikalismus vor allem auf die Zivilgesellschaft setze. „Gleichzeitig wurden spezielle Gesetze erlassen, die einige besonders extremistische Organisationen aus dem Verkehr gezogen haben. Es ist ein extrem heikler und auch gefährlicher Moment, denn im kommenden Jahr werden einige Wahlen stattfinden und es ist klar, dass diese radikalen Strömungen dabei das Beste für sich heraus holen wollen.“

Austausch fördert interreligiösen und interkulturellen Dialog

Umso wichtiger der Asiatische Jugendtag, der Jugendliche aus der gesamten asiatischen Welt zum Austausch zusammenbringt – denn schon durch die geographische relative Abgeschiedenheit als Inselgruppe sähen sich die jungen Menschen gewissen Kommunikationsschwierigkeiten gegenüber: „Und nun hingegen dieses Zusammenströmen von vielen jungen Menschen – es sind etwa 3000 – aus den verschiedenen asiatischen Ländern wird mit viel Enthusiasmus erwartet. Das habe ich auch in unseren Gemeinschaften erlebt, wir haben beispielsweise eine Jugendbewegung für den Frieden, an der auch junge Muslime teilnehmen; und das wird auch innerhalb des asiatischen Jugendtages Raum finden.“

Bedeutung für die gesamte Region

Die Bedeutung des Landes für die Entwicklung der gesamten Region sei enorm, betont Martano. Insbesondere die Prinzipien von Demokratie und Pluralismus dürften nicht zur Diskussion gestellt werden, so ihr Appell. „Hier sprechen wir von einer riesigen Inselgruppe mit einer Bevölkerung von 250 Millionen Menschen und in großem wirtschaftlichen Aufschwung, in der tatsächlich das Zusammenleben eine große Entwicklung für das Land möglich gemacht hat. Diese Fähigkeit zu verlieren wäre besorgniserregend für die gesamte Region, auch mit Blick auf das, was auf den Philippinen und in Malaysia geschieht…“.

Philippinen, Indonesien, Malaysia - mit harten Bandagen gegen Terror und Kriminalität

Ein wichtiges gemeinsames Anliegen der genannten Länder: Der Kampf gegen islamistisch geprägten Terror. Doch nicht nur Terroristen sollen die harte Hand der Regierungen zu spüren bekommen: Außergewöhnlich brutale Maßnahmen werden immer öfters auch bei der Kriminalitätsbekämpfung angewandt, in der Regel zulasten der elementarsten Menschenrechte. Eine viel diskutierte Maßnahme in diesem Zusammenhang war die Einführung des „Drogenkriegs“ durch den philippinischen Präsidenten Duterte. Beunruhigend: nun hat auch der indonesische Präsident Joko Widodo Drogenhändler zum Abschuss freigegeben. Einen Zusammenhang sieht der Indonesienexperte Alex Flor im Gespräch mit Radio Vatikan. Seine NGO Indonesiawatch! beobachtet seit Jahren kritisch die Entwicklungen in dem Land.

„Das Ganze weist hin auf eine verstärkte Zusammenarbeit der Philippinen und Indonesiens und möglicherweise auch Malaysias im Kampf gegen den Terror und es kann dann eben auch sein, dass im Rahmen dieser Harmonisierung der Außenbeziehungen zu diesen beiden Nachbarländern auch Joko Widodo das Gefühl hat, er müsse auch im Drogenkrieg Harmonisierungen durchführen.“

Denn Terror, das beweisen Studien immer wieder, kennt keine Grenzen. Erst vor Kurzem hatte IPAC, eine in Jakarta ansässige internationale Organisation mit einem Schwerpunkt in der Terrorismusforschung, eine Studie herausgegeben, die nahe legt, dass bei den momentanen terroristischen Aktivitäten auf Mindanao in den Philippinen indonesische Kämpfer beteiligt sind – die den Terror als Rückkehrer wieder nach Indonesien tragen könnten, gibt Flor zu bedenken. Er stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage, was hinter der Ausrufung des Drogenkrieges in Indonesien steckt.

„Sie hatten ansatzweise diese Diskussionen bereits vor zwei Jahren, als der damals neue Präsident Joko Widodo Todesstrafen gegen Drogendealer und –kuriere hat vollziehen lassen. Damals haben wir schon festgestellt: In Indonesien wird das als eine harte Maßnahme wahrgenommen, die von der Bevölkerung in weiten Teilen begrüßt wird. Ein Präsident kann sich damit einfach profilieren, dass er klare Grenzen zeigt und hart durchgreifen kann. Das war damals kurz nach seiner Wahl von Nöten, um sich als neuer Präsident einen Namen zu machen und die Frage ist eben jetzt, warum hat er das 2017 wieder nötig, den starken Mann zu markieren. Eigentlich war es im letzten Jahr etwas ruhiger geworden und er hatte sogar gegenüber westlichen Diplomaten versöhnliche oder verständliche Äußerungen gemacht, die dahingehend interpretiert wurden, dass er vielleicht von dieser ganz harten Linie abrücken möchte. Ich denke, es gibt verschiedene Anzeichen, dass er jetzt neuerdings wieder unter Druck steht und zeigen will, dass er Muskeln hat.“

In Zusammenhang mit dieser Maßnahme könnte eventuell auch das Verbot der islamistischen Vereinigung Hizbut Tahrir stehen, meint Flor. Vor knapp zwei Wochen hatte Präsident Widodo bekannt gegeben, dass die islamistisch inspirierte Organisation aufgelöst werden solle – bereits seit Monaten war über ein derartiges Verbot diskutiert worden.

„Andererseits fürchte ich, dass es genau auch um ein Ausbalancieren dieses HTI-Verbots geht, dass er eben damit zeigen will, es stehen jetzt nicht nur Muslime und Islamisten auf dem Kieker, sondern er fährt auch gegen andere Gruppen, in dem Fall eben gegen Drogendealer, eine härtere Gangart, so dass es also eine Besänftigung des islamischen Lagers sein soll, das sich teils nicht gerade glücklich über das HTI-Verbot geäußert hat.

Aber was mir am Herzen liegt, ist eben, dass dieser Aufruf, flüchtige Drogenkuriere zu erschießen, unter Menschenrechtsgesichtspunkten einfach nochmal härter ist als der Vollzug von Todesurteilen. Todesurteile sind nach dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte der UN, den Indonesien auch unterzeichnet hat, unter Umständen noch erlaubt oder noch geduldet, wobei da eben auch Drogendelikte eigentlich nicht mit erfasst werden; aber da gibt es noch eine Grauzone, wohingegen die Erschießung von Flüchtigen einfach eindeutig verboten ist und ein gezielter Aufruf zur illegalen Hinrichtung ist, ohne Untersuchung und ohne jedes Rechtsverfahren, und da müssen wir genau hinsehen. Das können weder Christen noch Muslime oder irgendwelche anderen Menschen, denen die Menschenrechte am Herzen liegen, dulden.“

(rv 31.07.2017 cs)








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