2017-07-29 08:30:00

Niwano-Preisträger Younan: Gemeinsame Werte, kein Extremismus


Er ist ein Brückenbauer und Mann des Dialoges über Religions- und Konfessionsgrenzen hinweg: der ehemalige Präsident des lutherischen Weltbundes (LWF) Munib Younan ist mit dem diesjährigen Niwano-Friedenspreis geehrt worden. Younan habe beharrlich und leidenschaftlich zum interreligiösen Dialog im Heiligen Land ermutigt, begründete die Jury ihre Entscheidung. In einer Welt, in der viele Führer Unterschiede betonten und Hass stark machten, setze sich Younan stets für Dialog und Frieden ein.

Bei der Preisverleihung in Tokio rief der palästinensische lutherische Bischof dazu auf, sich „kranken Ideologien, die unsere Religionen pervertieren“, entgegenzustellen. Leitungsverantwortliche aller Glaubenstraditionen müssten den extremistischen Kräften in ihrer Mitte „durch ein Zeugnis der robusten Mäßigung“ entgegenwirken, so Younan. Sie müssten der Vorstellung eine Absage erteilen, „wonach Extremismus auf irgendeine Weise das Maß der Glaubenstreue“ sei.

Gemeinsame Werte ausloten

Der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Jordanien und im Heiligen Land ist der 34. Niwano-Preisträger. „Ich war positiv überrascht, als ich darüber informiert wurde“, gibt er seine Reaktion auf die Juryentscheidung gegenüber Radio Vatikan wieder. Seine Friedensarbeit verstehe er als „Brückenbauen zur muslimischen, jüdischen und all den anderen Gemeinschaften“, so Younan weiter. „Auch wenn es manchmal so aussehen mag, dass eine solche Dialogarbeit ein Hobby bestimmter Menschen sei, lässt sie uns heute doch verstehen, dass es Bildung und interreligiösen Dialog braucht, um Extremismus zu bekämpfen. Denn beim interreligiösen Dialog versucht man, gemeinsame Werte zu finden - Gerechtigkeit, Frieden, Zusammenleben, Versöhnung.“

Zitiert Schweizer Theologen Küng

Diese Werte bildeten gleichsam das „Fundament der Religionen“, das aus der „Liebe zu Gott und dem Nächsten“ rühre. Der Lutheraner nimmt auch Bezug auf Überlegungen des Schweizer Theologen Hans Küng, der 2005 mit dem Niwano-Friedenspreis geehrt worden war: „Er hat gesagt, dass man in der Welt keinen Frieden ohne Frieden zwischen den Religionen stiften kann, und er sagte auch: es kann keinen Frieden in der Welt geben, wenn wir nicht nach den tiefen Fundamenten unserer Religion graben.“

Während seines Aufenthaltes in Tokio hatte der lutherische Bischof in dieser Woche Mitglieder der katholischen Gemeinde und deren Erzbischof Peter Takeo Okada getroffen. Bei der Begegnung berichtete Younan über das ökumenische Reformationsgedenken im schwedischen Lund und Malmö vom vergangenen Oktober. Papst Franziskus und Bischof Younan, der damals noch Präsident des lutherischen Weltbundes war, hatten dabei neue Weichen in der Ökumene gestellt.

Reformationsgedenken von Lund gab Energieschub

Das Treffen in Schweden habe in ökumenischer Hinsicht eine „positive, konstruktive Energie“ erzeugt, die es nun weiter zu nutzen gelte, so Younan. Und er ermutigt in diesem Kontext dazu, „auf dieser positiven ökumenischen Energie von Lund weiter aufzubauen und dass man hier nicht auf der Ebene des Vatikan und des Lutherischen Weltbundes bleiben sollte, sondern dass diese Energie in die Kirchen infiltrieren sollte - wie Jesus sagte: wir alle sollen eins sein, damit die Welt glaubt.“

Auf die Frage hin, ob er sich mehr Zusammenarbeit zwischen den christlichen Minderheiten in Asien wünschen würde, unterstreicht Younan die Kraft des christlichen Zeugnisses - wie für die Christen im Nahen Osten gelte auch für die Christen in Japan: der christliche Beitrag der Vergebung, der Glaubensstärke und des Dialoges erwüchsen nicht aus der Größe der Glaubensgemeinschaft, sondern aus deren Qualität. Dies habe man auch in Europa beobachten können:

„Seit dem 2. Weltkrieg: wie viele Christen, Katholiken, Lutheraner und andere haben an der Entwicklung der Idee der Vergebung gearbeitet - nie mehr Krieg, nie mehr Atombomben, nie mehr Konflikte. Ich denke also: die Kirchen spielten eine Rolle! Ich weiß nicht, wie man so etwas misst, aber ich sehe, dass die Kraft der Kirche nie in der Anzahl der Mitglieder, sondern im aktiven Zeugnis in Kirche und Gesellschaft liegt.“

Der Niwano-Preis

Der seit 1983 verliehene Niwano-Friedenspreis ist mit umgerechnet rund 166.000 Euro dotiert und wird von einer Jury vergeben, in der Vertreter verschiedener Religionen sitzen. Zu den bisherigen Preisträgern zählten unter anderen die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio, der Islamische Weltkongress, die verstorbenen brasilianischen Befreiungstheologen Helder Camara und Kardinal Paulo Evaristo Arns sowie der Schweizer Theologe Hans Küng. Namensgeber der in Tokio ansässigen Niwano-Friedensstiftung ist der Japaner Nikkyo Niwano (1906-1999), der die buddhistische Laienbewegung Rissho Kosei-Kai gründete. Er gehörte zu den nichtchristlichen Beobachtern des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965).

(rv 29.07.2017 pr)








All the contents on this site are copyrighted ©.