2017-06-26 13:33:00

Wahlen in der Mongolei: „Gesellschaft mit vielen Problemen“


Aus einem riesigen, aber nur schütter bevölkerten Land zwischen Russland und China erreichen den Westen nur selten Nachrichten – dabei ist die Mongolei sogar eine Demokratie, was man bei ihren Nachbarn nur mit Einschränkungen - siehe Russland - oder gar nicht - wie in China - behaupten kann. Am Montag wird in der Mongolei ein Präsident gewählt. Doch der Wahlkampf zeugt nicht gerade von einer lebhaften Demokratie. Eher von „Demokratie-Ermüdung“, wie die FAZ schreibt.

„Es gibt drei Kandidaten, die die Wahlkommission zugelassen hat“, sagt uns Pater Justin Lukusa Mende, der Rektor der katholischen Peter- und Paul-Kathedrale, telefonisch aus Ulan Bator. Und er zählt auf: „Ein Kandidat ist der Unternehmer Khallmna Battulga von der Demokratischen Partei, der für die Einheit des Landes eintritt und bei der Jugend gut ankommt.“ Battulga ist laut FAZ „eine schillernde Persönlichkeit“: früherer Ringer, offener Bewunderer der Mafia, Erbauer einer vierzig Meter hohen Reiterstatue von Dschingis Khan – und unter Korruptionsverdacht.

„Der zweite Kandidat ist der Berufspolitiker Miyegombo Enkbold von der Mongolischen Volkspartei, der den Schwerpunkt eher auf das Soziale legt – dass man sich mehr um die Bedürftigen kümmern muss.“ Die Volkspartei ist die gewendete, frühere Kommunistische Partei, die letztes Jahr die Parlamentswahl gewonnen hat und jetzt auch das mächtige Präsidentenamt erobern will. Schönheitsfehler: Enkbold, derzeit Parlamentssprecher, ist in einen massiven Ämterkauf-Skandal verwickelt.

„Der dritte Kandidat ist Sainkhu Ganbattar von der kleinen Revolutionären Volkspartei, bei dem noch nicht ganz sicher ist, ob die Wahlkommission ihn wirklich für das Rennen zulässt.“ Er könnte wegen eines Wahlspenden-Skandals noch vor dem Urnengang aus dem Rennen fliegen. Die Spende kam angeblich von der Moon-Sekte. „Es heißt, dass man das noch weiter untersuchen muss. Knackpunkt dabei ist, dass die Mongolen großen Wert darauf legen, dass es keine Einflussnahme von Kirchen oder religiösen Gruppen auf die Politik gibt. Sollte sich also herausstellen, dass diese Spende wirklich von der Moon-Bewegung kam, kann er, soweit ich weiß, nach mongolischem Recht nicht zur Wahl antreten.“

Zufall, dass alle Kandidaten für das höchste Amt im mongolischen Staat der Schwefelgeruch der Korruption umweht? Eher kein Zufall, sagt Pater Justin. „Man muss sagen, dass das eine Gesellschaft ist, die sich vielen Problemen gegenübersieht, und eines davon ist die Korruption. Nach außen stellt sich die Mongolei immer als Entwicklungsland dar, das auf einem guten Weg ist, aber wir hier vor Ort, die wir in täglichem Kontakt mit den Leuten sind, können nur eine tiefe Armut feststellen, an der sich nichts zu ändern scheint. Materielle Armut, Mangel an Arbeitsplätzen usw. Dabei sind die Lebenshaltungskosten hier sehr hoch, und die Steuersätze steigen.“ Etwa zwanzig Prozent der Mongolen leben in völliger Armut – vor allem Viehzüchter aus der Steppe.

Dem Missionar in Ulan Bator ist aber noch etwas ganz anderes ein Dorn im Auge, das will er im Interview mit uns loswerden: Die Ehe- und Familienstrukturen in der Mongolei hätten sich komplett aufgelöst, beklagt er. „Viele junge Leute wachsen alleine auf, eheliche Treue gilt nichts mehr, in den Familien gehört Gewalt gegen Frauen und Kinder zum Alltag. Wir versuchen, in konkreten Fällen zu helfen, sobald wir davon erfahren; das ist eine wichtige Aufgabe unseres Pastoralzentrums und der Caritas Mongolei.“ Auch massiver Alkoholkonsum sei ein Problem für viele Menschen – so sehr, dass im Umfeld von Wahlen immer der Verkauf von Alkohol zeitweise verboten wird.

Wirtschaftlich geht es der Mongolei wegen des Verfalls der Rohstoffpreise und wegen der Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in China schlecht. „Viele Familien kommen mit dem verfügbaren Geld nicht mehr bis zum Monatsende aus. Das hängt auch damit zusammen, dass viele Unternehmen, die in der Mongolei investiert haben, sich inzwischen desillusioniert zurückgezogen haben. Es gibt Hilfen von Weltbank und Weltwährungsfonds, aber die verlangen dafür bestimmte Reformen, die auf der Bevölkerung lasten. Meine Arbeiter hier an der Kathedrale verdienen inzwischen nicht mehr genug zum Leben. Das geht vielen Mongolen so; sie verschulden sich deshalb, nehmen einen Bankkredit auf, und dann kommen sie zu unserer Caritas und bitten um Hilfe...“

(rv/faz 26.06.2017 sk)








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