2017-06-08 11:29:00

„Hooligans der Religion“ in Nahost nicht das Feld überlassen


„Wir dürfen das Feld der Religion nicht den Hooligans der Religion überlassen, die dann im Namen der Religion Gewalt und Hass verüben“ – mit diesem kämpferischen Appell greift Pater Nikodemus Schnabel von der Jerusalemer Dormitio-Abtei den Gebetsaufruf des Papstes für das Heilige Land an diesem Donnerstag auf.

Der Papst hatte Christen, Juden und Muslime zum gemeinsamen Gebet für Frieden im Nahen Osten eingeladen; sie sollten sich der Initiative „Eine Minute für den Frieden“, die an diesem Donnerstag für 13.00 Uhr in verschiedenen Ländern angesetzt war. Die Gebetsinitiative erinnert an das von Franziskus in die Wege geleitete Friedenstreffen mit den Präsidenten Israels und Palästinas 2014 in den Vatikanischen Gärten.

Die Benediktiner im Heiligen Land waren 2014 und 2015 selbst zum Ziel von Anschlägen geworden, als Radikale Brandanschläge auf das Kloster auf dem Zionsberg und das Priorat Tabgha am See Genezareth verübten. Angesichts der regelmäßig überkochenden Gewalt in der Region zeigt sich Pater Schnabel umso überzeugter, dass nur Dialog und Begegnung die Probleme des Heiligen Landes lösen können. Und er gibt ein konkretes Beispiel dafür: So förderten die Benediktiner von Tabgha etwa gezielt einen Dialog der Religionen, erzählt der Ordensmann:

„Da gibt es eine Jugend- und Behinderungsbegegnungsstätte, wo palästinensische und israelische, jüdische, christliche, muslimische Behinderte gemeinsam Urlaub verbringen, gemeinsam Freizeit verbringen. Wenn Sie sich da einmal eine Stunde dazusetzen, dann glauben Sie wieder an den Frieden! Wie die Menschen miteinander umgehen! Es gibt eine Gruppe, wo sich Eltern zusammensetzen, die Kinder verloren haben, sei es, dass ihre Kinder durch israelische Soldaten erschossen wurden, also Palästinenser, sei es, dass ihre Kinder durch Terror, durch einen Selbstmordanschlag, ermordet wurden, also Israelis. Die sagen, wir sind erst mal gemeinsam Eltern, die Kinder verloren haben, wir wollen da Frieden schaffen.“

Auf solche Friedensinitiativen „im Stillen, Verborgen“ gelte es den Blick zu richten, wenn man nicht dem im Heiligen Land weit verbreiteten „Zynismus“ verfallen wolle, empfiehlt Schnabel. Politisch gesehen bewege sich de facto wenig, so der Ordensmann mit Blick auf die blockierten Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern. Die einfachen Leute vor Ort aber, die bewegten sich schon:

„Es ist immer eine Frage der Perspektive: Schaut man auf die große Politik, oder schaut man, wie sich die Menschen vor Ort jetzt schon bemühen - und oft aus dem Glauben heraus. Es sind gerade die tiefgläubigen, die sich um Frieden und Versöhnung bemühen. (…) Es ist eben dieses ,Hoffen wider alle Hoffnung‘, und es gibt eben sehr sehr viele kleine Initiativen von Menschen, die aus dem Glauben heraus sich für den Frieden einsetzen.“

Aus diesem Grund sei das von Franziskus‘ initiierte Gebetstreffen 2014 in den vatikanischen Gärten auch so „kostbar“, fährt Schnabel fort: „Weil es noch mal so ein ganz starkes Gegensymbol war gegen die weit verbreitete Annahme, Religion steht für Gewalt, steht für Ausgrenzung, für Probleme. Dass man da eben erlebt hat, nein, Religion hat ein unglaubliches Friedenspotenzial und eine Friedensverantwortung, und Religion hat gerade auch eine große Kompetenz im Bereich Versöhnung und Vergebung, Glaube an Zukunft, Hoffnung. Je nachdem, wie man eben auf das Heilige Land schaut – man kann beides entdecken: den weit verbreiteten Zynismus, Depression, aber auch sehr viele Menschen, die hoffen wider alle Hoffnung.“

(rv 08.06.2017 mg/pr)








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