2017-05-30 11:15:00

Frühmesse: Gute Hirten wissen, wann es Zeit ist zu gehen


Ein guter Hirte weiß, dass sich die Geschichte nicht um ihn dreht: Das sagte Papst Franziskus an diesem Dienstag bei seiner Frühmesse im Vatikan. Er legte die Lesung aus der Apostelgeschichte (Kap. 20, 17-27) aus, die den Abschied des heiligen Paulus von der Gemeinde in Ephesus schildert. „Der Abschied eines Bischofs“: So könne man die Episode nennen, befand der Papst. Der Gründer der Gemeinde gebe den Stab weiter, oder um es mit einer berühmten deutschen Wendung zu sagen, der Lotse geht von Bord.

„Wir Hirten müssen alle eines Tages Abschied nehmen. Es kommt der Moment, in dem der Herr uns sagt: Geh woanders hin, geh da oder dort hin, komm zu mir! Und einer der Schritte, die ein Hirte tun muss, ist die Vorbereitung darauf, sich gut zu verabschieden, nicht nur halb. Der Hirte, der nicht lernt, wie man Abschied nimmt, hat eine in irgendeiner Hinsicht ungute Beziehung zur Herde. Eine Beziehung, die nicht durch das Kreuz Jesu gereinigt ist.“

Paulus nimmt in der beschriebenen Episode nach Beobachtung des Papstes nacheinander drei Haltungen ein. Zunächst einmal beteuert er, sein Bestes gegeben und sich nicht geschont zu haben. Das sei „kein Akt der Eitelkeit“ gewesen, sondern einfach eine Tatsache. „Der erzählt die Geschichte“, gab Franziskus seinen Eindruck wieder. Für einen Hirten müsse es das Schönste sein, wenn er im Rückblick das gute Gefühl haben könne, „die Kirche ohne Kompromisse geleitet zu haben“.

Zweitens: Paulus sagt, der Geist führe ihn jetzt nach Jerusalem, und er wisse nicht, was ihn dort erwarte. Er gehorche also dem Heiligen Geist und mache sich in diesem Gehorsam auf den Weg. „Die Kirche hatte er mit der Haltung geleitet, dass man keine Kompromisse eingehen darf", so der Papst. „Jetzt drängt ihn der Geist, sich in Bewegung zu setzen ins Ungewisse hinein. Und er tut das, er kann alles zurücklassen, er hat aus seiner Herde nicht sein Privateigentum gemacht. Er hat gedient. Gott will also, dass ich weitergehe? Dann gehe ich also. Ich weiß nur, dass der Heilige Geist mir bezeugt, dass „von Stadt zu Stadt Fesseln und Drangsale auf mich warten“. Das wußte er. Ich gehe nicht in Rente. Ich gehe woanders hin, um anderen Kirchen zu dienen. Immer das offene Herz für die Stimme Gottes: Ich verlasse alles, mal sehen, zu was mich der Herr ruft. Und aus diesem Hirten ohne Kompromisse wird jetzt ein Hirte unterwegs.“

Kein Hirte dürfe die Herde als sein Privateigentum betrachten, insistierte der Papst. Um dann zu Punkt drei zu kommen: Paulus bekräftigt, er wolle „mit keinem Wort mein Leben wichtig nehmen“. Er wisse also, so die Paraphrase des Papstes, „dass er nicht das Zentrum der Geschichte ist, weder der großen noch der kleinen Geschichte“, sondern lediglich ein „Diener“.

Ein Sprichwort sage: So wie man lebt, so stirbt man. Und so wie man lebt, so nimmt man Abschied. Was Paulus angehe, werde bei dessen Abschied von der Gemeinde von Ephesus „eine Freiheit ohne Kompromisse“ erkennbar. „So geht ein Hirte!“ „Mit diesem so schönen Beispiel vor Augen beten wir für die Hirten, für unsere Hirten: für die Pfarrer, die Bischöfe, den  Papst. Möge ihr Leben ein Leben ohne Kompromisse sein, ein Leben unterwegs, ein Leben, in dem sie sich nicht für den Mittelpunkt der Geschichte halten und in dem sie lernen, wie man Abschied nimmt. Beten wir für unsere Hirten!“

(rv 30.05.2017 sk) 








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