2017-05-20 08:11:00

Unser Buchtipp: Evangelio – ein Luther-Roman


Sie können die vielen Artikel und Bücher und Filme und Predigten über Luther nicht mehr ertragen? Dann versuchen Sie’s doch mal mit „Evangelio“. Das ist zwar, laut Untertitel, auch ein „Luther-Roman“. Vor allem aber ist es ein Heidenspaß!

Ja doch: Heidenspaß. Autor ist der Deutschtürke Feridun Zaimoglu – kein Lohnschreiber der EKD, um es klar zu sagen. Überhaupt keine der üblichen spitzen Federn vom kirchlichen Hühnerhof. Dafür ein genialer Schriftsteller, der Luther als „Junker Jörg“ während seiner Gefangenschaft auf der Wartburg porträtiert – und ihm einen Landsknecht als Aufpasser an die Seite stellt, der hartnäckig papistisch fühlt.

Dieses Buch ist vor allem ein sprachliches Ereignis: Mit der oft derben, immer direkten Redeweise des 16. Jahrhunderts rücken wir dem Reformator ganz dicht auf die Pelle. Wir tauchen auch tief in die abergläubische Gesellschaft der Zeit ein, die sich vor Verfluchungen und Hexen fürchtet, und erleben auf einmal die Frage nach Sünde und Ablass als wirklich drängendes Anliegen der Menschen, vom Kommandanten der Burg oben bis hinunter zur Eisenacher Prostituierten.

Potzdonner!, das ist ein tolles Buch. Einige Rezensenten haben es lauwarm aufgenommen – zur Hölle mit ihnen! Für mich ist „Evangelio“ das Buch des (Luther-) Jahres.

Feridun Zaimoglu: Evangelio. Verlag Kiepenheuer und Witsch, ca. 22 Euro

(rv 20.05.2017 sk)








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