Die Höhepunkte der Osterfeiern in Jerusalem neigten sich am Samstagabend bereits
dem Ende zu, noch bevor in den meisten Teilen der Welt die Glocken die Auferstehung
Jesu Christi verkünden. Als neuer Patriarchatsleiter stand erstmals der italienische
Erzbischof Pierbattista Pizzaballa den katholischen Feiern des Triduums vor, seitens
der Franziskaner hatte der oberste Hüter der katholischen neuen Stätten, Kustos Francesco
Patton, sein Osterdebüt. Beide feierten, wie die Vertreter der anderen in der Grabeskirche
vertretenen Konfessionen, erstmals an der frisch restaurierten Grabkapelle.
Die Andersartigkeit der Jerusalemer Ostern war das Thema der Predigt von Erzbischof
Pizzaballa in der Ostervigil am Samstagmorgen. "Die Welt feiert an diesem Tag Stille
und Warten, (...) das Grab Christi und sein Tod werden in einer großen und wunderbaren
Stille 'bewacht'", erklärte der Erzbischof den zu Hunderten versammelten Gläubigen.
Nicht so jedoch in Jerusalem, wo die "ganze Heilige Woche ein Rennen" sei und der
Moment der Stille und des Wartens verloren gehe.
"Vorbuchstabiert durch Zeiten und uralte und komplizierte Prozesse" seien die Liturgien,
"die unser Rennen einpassen müssen in die anderer christlicher Kirchen, die dieselben
Ereignisse an denselben Orten feiern, und auch der nichtchristlichen Gemeinschaften
in Jerusalem", so der Leiter des Lateinischen Patriarchats.
Von Stille war in der Tat kaum eine Spur an diesem Ostern in Jerusalem. Nach 2010,
2011 und 2017 fielen in diesem Jahr erneut die Osterfeiern von Ost- und Westkirchen
auf einen Termin - letztmals bis 2025.
Wie die Konfessionen über Monate der Restaurierung ihres wichtigsten Heiligtums an
einem Strang ziehen mussten, damit die Grabkapelle pünktlich zum Osterfest in neuem
Glanz erstrahlen und ohne stabilisierendes Eisenkorsett auf eigenen Füßen stehen konnte,
prägte die Multikonfessionalität auch das wichtigste aller christlichen Feste. Griechen,
Armenier und Katholiken, Kopten und Syrer gaben sich in der Grabeskirche die Klinke
in die Hand, Äthiopier bevölkerten zu Hunderten das Dach des Heiligtums, Gläubige
aller Konfessionen und Nationalitäten strömten durch die Gassen.
Gleichzeitig feierten auch die Juden das einwöchige Pessachfest. Geschätzte knapp
160.000 jüdische und christliche Besucher kamen für beide Feste in die Jerusalemer
Altstadt, 50.000 allein zum Höhepunkt der orthodoxen Ostern, dem "Heiligen Feuer"
in der Grabeskirche - ein Segen für den wichtigen Tourismussektor und gleichzeitig
ein Alptraum für die Sicherheitskräfte in einer ohnehin nicht einfachen Stadt. Und
so brauchte, wer dieser Tage an einer der Feiern teilnehmen wollte, ein gutes Stück
Geduld: Zahlreiche Gassen der Altstadt waren während der zentralen Feiern teilweise
gesperrt.
Für manche Pilger war dabei am Samstag schon an den Toren zur Altstadt Schluss. Zutritt
zur katholischen Ostervigil und zur Feuerzeremonie erhielt nur, wer über Einlasskarten
verfügte. Von kleineren Handgemengen am Rande und einzelnen Sanitätereinsätzen für
erschöpfte Pilger abgesehen, verliefen die Feiern ohne größere Zwischenfälle. Überschattet
wurden sie jedoch durch den Tod einer jungen Britin, die am Karfreitag nordwestlich
der Altstadt dem Messerangriff eines offenbar psychisch kranken Palästinensers zum
Opfer fiel.
Bis tief in die Nacht wollten die einheimischen Christen in ihrer Stadt Jerusalem
feiern, Pfadfindergruppen mit Trommeln und Dudelsack das heilige Licht durch die Straßen
bringen. Die Höhepunkte der Jerusalemer Ostern neigten sich unterdessen dem Ende zu,
noch bevor in den meisten Teilen der Welt Osterlicht und Glocken die Auferstehung
verkünden. Für Pizzaballa ist dies Teil der Feier an jenem historischen Ort, an dem
das Fest seinen Anfang nahm: "Wie vor 2.000 Jahren" könne die Welt kein Ostern feiern,
"wenn es nicht zuerst in Jerusalem gefeiert wird".
(kna 16.04.2017 mg)
All the contents on this site are copyrighted ©. |