2017-04-13 11:00:00

Südsudan: Gewalt erschwert Überlebenskampf zusätzlich


Der Konflikt im Südsudsan ist ethnisch gefärbt – deshalb hat sich der neue Vorsitzende der dortigen Bischofskonferenz jetzt mit einem Friedensappell an Stammesälteste gewandt. In einem offenen Brief an ethnische Führer der Region Bahr Al Ghazal unterstreicht Bischof Edward Hiiboro Kussala die Mitverantwortung seiner Adressaten für eine Befriedung des Bürgerkrieglandes: Sie mögen ihre Kraft und ihren Einfluss geltend machen, um den Konflikt zu beenden und die Probleme der Menschen zu lösen, forderte Kussala auch Hilfsorganisationen, religiöse Anführer und die gesamte Gesellschaft in Bahr Al Ghazal zum Engagement auf.

Gewalt verschlimmert Hunger zusätzlich

Angesichts der Hungerkrise ist die Gewalt im Südsudan doppelt verheerend. Die Dürre hatte auch in Bahr Al Ghazal zu Ernteausfällen geführt. Der verzweifelte Überlebenskampf der Menschen wird durch die ethnisch geprägten Konflikte verschiedener Gruppen zusätzlich erschwert. Das berichtet Stefanie Frels aus der südsudanesischen Stadt Wau. Die Länderreferentin im Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ ist soeben von einer Projektreise durch das Land zurückgekehrt. Im Interview erzählt sie von eine Bäuerin in Wau, deren gesamte Ernte durch eine plündernde bewaffnete Gruppe zunichte gemacht wurde.

„Es war alles, alles weg, und die Frau stand vor einem leeren Feld. Sie hatte ganz leere Augen und man kann nur ahnen, dass es nicht nur um die Landwirtschaft ging, sondern wahrscheinlich ist da noch viel mehr passiert, über das sie nicht sprechen wollte. Sie hat acht Kinder zu versorgen und sie sagt, dass sie gar nicht weiß, wie es weiter gehen soll. – Das fand ich sehr bedrückend, denn, wenn Menschen selbst in solchen Situationen noch willens sind, etwas zu tun und ihr eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen, und das wird dann so niedergemacht. Das ist erschütternd.“

Gewalt gegen Frauen

Über die Vergewaltigung von Frauen im Kontext des südsudanesischen Bürgerkrieges berichtet auch die Caritas Österreich. So hätten vor allem Frauen, die alleinstehend mit ihren Kindern vor den Gewaltexzessen fliehen, „berechtigte Angst vor sexueller Gewalt“, berichtete die Caritas-Helferin Helene Unterguggenberger aus Juba im Gespräch mit Kathpress. Sie seien oftmals völlig schutzlos, denn viele Männer seien von der Armee oder von Milizen rekrutiert und etliche auch getötet worden.

Bereits im Februar hatte die UNO für einige Landesteile eine Hungersnot ausgerufen. 5,8 Millionen Südsudanesen, über 40 Prozent der Bevölkerung, sind aktuell von externer Nahrungsmittelhilfe abhängig. Besondern betroffen sind alte und junge Menschen, so Unterguggenberger: „Die meisten Kinder sind extrem unterernährt, was man an den rotgekräuselten Haaren, ihren Wasserbäuchen und den vielen Durchfallerkrankungen sehen kann“, berichtet die Caritas-Helferin.

Stefanie Frels vom Kindermissionswerk hat ähnliche Eindrücke gesammelt; sie spricht von einer „dramatischen Verschlechterung“ der Lage vor Ort gegenüber dem Vorjahr. „Man sieht in keinem Bereich, zumindest in keinem humanitären Bereich, irgendeine Verbesserung. Die Sicherheitslage hat sich noch mehr verschlechtert, die Nahrungsmittelversorgung ist absolut katastrophal. Wenn es etwas gibt, dann zu Preisen, die sich wirklich niemand mehr leisten kann, weit über dem, was wir heute in einem Supermarkt zahlen würden.“

Hilfe zur Selbsthilfe

Das Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ bemüht sich mit Hilfe der Partner vor Ort, den Menschen Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten und ihnen so etwas wie eine Kontinuität im von Krieg zerrissenen Alltag zu garantieren. Dazu Frels: „Es ist ganz wichtig für die Kinder, dass der Schulbetrieb aufrecht erhalten werden kann. Es ist ganz wichtig, dass es kleine Programme im landwirtschaftlichen Bereich gibt, so dass jeder wenigstens vor der eigenen Haustür etwas anbauen und sich selber länger über Wasser halten kann. Egal wie groß auch die internationale Hilfe sein wird, das Drama, das da im Nahrungsmittelbereich passiert, kann keiner auffangen, wenn die Menschen nicht selber auch die Möglichkeit haben, sich zu helfen.“

Die Caritas Österreich konzentriert ihre Hilfsmaßnahmen im Südsudan unter anderem auf die zahlreichen Flüchtlinge, die der Konflikt aus ihrer Heimat vertrieb. So hat die katastrophale Lage bereits 800.000 Südsudanesen zur Flucht ins Nachbarland Uganda veranlasst, während es im Südsudan selbst fast zwei Millionen Binnenvertriebene gibt. Unzählige Flüchtlingslager entstehen derzeit vor allem in umzäunten Geländen rund um Kirchen und Klöster, die den Menschen Schutz und Hoffnung vermitteln: „Man spekuliert damit, dass es für die Milizionäre doch noch eine große Hemmschwelle ist, religiöse Gebäude anzugreifen“, so die Caritas-Helferin Helene Unterguggenberger im Gespräch mit Kathpress.

Hintergrund

Nach der Erlangung der Unabhängigkeit 2011 brach im Südsudan zwei Jahre später ein Bürgerkrieg aus, nachdem Präsident Salva Kiir, ein Angehöriger der Dinka, seinen Vize Riek Machar, einen Nuer, eines Putschversuches beschuldigte. Seither waren die Friedensperioden nur von kurzer Dauer. Anfang 2017 eskalierte die Situation erneut, als die Regierung Angehörige der Dinka-Volksgruppe in Dörfern ansiedelte, aus denen zuvor andere Stämme vertrieben worden waren. In der Stadt Wau waren Anfang dieser Woche laut Berichten der Nachrichtenagentur Reuters wegen Hausdurchsuchungen erneut Kämpfe zwischen ethnischen Gruppen ausgebrochen.  

(die sternsinger/kap/rv 12.04.2017 pr)








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