2017-04-11 11:20:00

Jetzt erst recht? Der Papst und seine Ägyptenreise


Kommt er, oder kommt er nicht? Die blutigen Anschläge auf koptische Christen am Palmsonntag werfen auch einen Schatten auf die Ägypten-Reise, die Papst Franziskus für Ende April plant. Obwohl Präsident Abdel Fatah al-Sisi den Ausnahmezustand ausgerufen hat und die Christen am Nil sich auf weitere Anschläge einstellen, hält Franziskus an seinem Reiseplan fest.

„So wie ich den Papst kenne, wird er hinfahren.“ Das sagt Vatikankardinal Jean-Louis Tauran vom Päpstlichen Dialograt. „Denn der islamisch-christliche Dialog braucht diese Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und der Universität al-Azhar. Und gerade jetzt ist es sinnvoll, die christliche Gemeinschaft zu besuchen, die einen schwierigen Moment erlebt.“

Franziskus’ Besuch gilt in erster Linie dem Relaunch der Kontakte Roms zu al-Azhar, also der wichtigsten Lehrstätte in der Welt des sunnitischen Islams. Das Bild, wie ein Papst durch den Innenhof der al-Azhar-Moschee läuft, wäre ein starker Kontrapunkt zu den Bluttaten vom letzten Sonntag. Gerade jetzt wichtig ist auch die Solidarität mit der koptischen Minderheit Ägyptens – speziell mit ihrem Oberhaupt Tawadros II., der an diesem Sonntag schon zum zweiten Mal binnen weniger Wochen Ziel eines Mordanschlags war. Außerdem hat der Papst auch eine politische Botschaft im Gepäck.

„Diese Botschaft lautet: Ja, es ist möglich, zusammenzuleben. Christen und Muslime können zusammenleben – und zwar, wenn alle gleichberechtigt als Staatsbürger anerkannt werden. Man ist Gläubiger und Bürger – nicht Gläubiger oder Bürger. So kann dann jeder das Seine zur Gesellschaft beitragen.“

Im Gespräch mit Spitzenvertretern der franziskanischen Ordensfamilie hat der Papst am Montag offenbar bestätigt, dass er an seinen Reiseplänen festhält. „Der Papst ist genau informiert“, erzählt Pater Marco Tasca, „und er hat sehr deutlich an seiner Reise festgehalten. Er hat uns auch gesagt, dass Kardinal Koch nach Kairo geflogen sei, um das Terrain und die Reden ein bisschen vorzubereiten. Der Papst weicht nicht dem Terror, sondern er fliegt bewusst und überzeugt nach Ägypten.“ „Wir haben auch darüber gesprochen, dass wir bald das 800. Jubiläum des Besuchs des heiligen Franz von Assisi in Damiette, in Ägypten, begehen“, fügt Pater Michael Perry hinzu. „Franz traf dort den Sultan Malik al-Kamil – ein Schritt im Gespräch mit den Muslimen.“

In Ägypten selbst rechnen die Christen fest mit weiteren Anschlägen. Der Sprecher der katholischen Kirche, Pater Rafic Greiche, sagte der Nachrichtenagentur asianews, alle Seelsorger versuchten zwar, „sehr vorsichtig zu sein“. Doch die Terroristen hätten gezeigt, „dass sie nahe sind und auch auf höchster Ebene zuschlagen können“. Dass Präsident al-Sisi jetzt den Ausnahmezustand ausgerufen habe, komme reichlich spät. al-Azhar solle die Terroristen endlich als Ungläubige brandmarken und nicht nur als Muslime, die sich falsch verhielten, fordert Pater Greiche. Hier drängten die Christen schon lange auf Klarstellung, aber bisher ohne Erfolg.

Kardinal Tauran fliegt am Monatsende mit Franziskus nach Kairo. Der Terror vom Palmsonntag hat ihn schockiert. „Ich muss sagen: Das erste Wort, das mir in den Sinn kam, als ich diese Nachrichten hörte, war Abscheu. Wir blicken da in einen Abgrund. Es gibt überhaupt keine Philosophie oder Religion, die so furchtbare Dinge zu rechtfertigen imstande wäre.“

(rv/asianews 11.04.2017 sk)








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