2017-02-28 09:50:00

Kongo: Kirche wird mehr und mehr zur Zielscheibe


Im Zuge der angespannten politischen Lage in der Demokratischen Republik Kongo nehmen Übergriffe auf kirchliche Einrichtungen zu. Das bestätigt im Interview mit dem Kölner Domradio Berthold Pelster. Vor allem in der Hauptstadtprovinz Kinshasa würden kirchliche Einrichtungen angegriffen, so der Fachmann vom katholischen Hilfswerk „Kirche in Not“: „Die Kirche erfährt eine Gewalt, wie sie es bisher nicht erlebt hat. Priesterseminare werden in Brand gesteckt, Klöster und Kirchen werden verwüstet.“

Auch aus Ober-Katanga sowie Zentral- und Ost-Kasaï wird von Angriffen berichtet. Zum Schutz der religiösen Stätten und der Gläubigen rufen UNO-Vertreter zusammen mit der Apostolischen Nuntiatur im Kongo und der Bischofskonferenz auf: „Die Kultstätten gehören allen und sind als solche dazu bestimmt, apolitisch zu sein“, heißt es in der von den Vereinten Nationen veröffentlichten Erklärung.

Politik im wörtlichen Sinn macht die Kirche im Kongo nicht – sie weiß, was auf dem Spiel steht, und bemüht sich um Vermittlung. In Joseph Kabilas autoritärem Staat wird aber allein das schon als Zeichen von Opposition gewertet, vermutet Pelster: „Offensichtlich soll die Kirche eingeschüchtert werden, denn die katholische Kirche hat gerade im Moment eine wichtige politische Rolle im Land. Der Präsident ist seit 2001 an der Macht. Er ist zweimal wiedergewählt worden. Beim ersten Mal hat er die Macht von seinem Vater übernommen. Dann ist er zweimal gewählt worden. Eine dritte Wahl ist (laut Verfassung) nicht möglich, aber er möchte seine Macht einfach nicht abgeben.“

Die Kirche ist fast die einzige Institution im Kongo, der man noch einigermaßen vertrauen kann

Nicht allein zwei schwelende Konfliktherde – im Ostkongo und neuerdings in Zentral-Kasaï – setzen den Menschen im Land zu. Angesichts vielfältiger sozialer Probleme hat der Staat keinen Rückhalt, so Pelster. Die Kirche genieße dagegen Vertrauen, denn sie kümmere sich um die Menschen und denke ans Gemeinwohl: „Die Menschen leiden unter vielen Problemen. Naturkatastrophen sind nur eines davon. Es gibt auch soziale Missstände, die Regierung ist korrupt, es herrscht oft Willkür bei der Polizei, in der Justiz, bei den Gerichten, beim Militär. Viele Menschen haben nicht genug zu essen, haben keine gescheite medizinische Versorgung oder schulische Bildung, und oft ist es die Kirche, die dort einspringen muss, wo der Staat versagt. Deswegen haben die Menschen so ein großes Vertrauen zur Kirche und deswegen hat die katholische Kirche diese Vermittlerfunktion überhaupt einnehmen können. Die Menschen haben gesagt, die Kirche ist fast die einzige Institution im Kongo, der man noch einigermaßen vertrauen kann.“

Die Amtszeit von Präsident Joseph Kabila ist eigentlich schon Ende 2016 abgelaufen. Neuwahlen wurden von der Regierung jedoch verschoben – wegen „logistischer und organisatorischer Probleme“, hieß es aus Kinshasa. Dies sei nur ein Vorwand, so Pelster: „Tatsächlich klebt dieser Präsident Kabila an der Macht und will die Macht nicht abgeben. Die Demokratische Republik Kongo ist, wie viele andere afrikanische Staaten auch, ein Staat mit vielen Defiziten. Die Regierung ist korrupt, regiert sehr eigensüchtig. Sie denkt mehr an das eigene Wohl, weniger an das Gemeinwohl, und die Herrscher kleben oft an ihrem Sitz.“ Seit der Verschiebung der Wahlen kam es im Kongo zu heftigen Protesten der Opposition und aus Teilen der Bevölkerung. Kabila verpflichtete sich, zurückzutreten und Ende 2017 Wahlen anzusetzen.

Papst Franziskus hat sich vor kurzem zu den Spannungen in der kongolesischen Provinz Zentral-Kasaï geäußert, wo sich Anhänger des traditionellen Führers Kamwina Nsapu seit letztem August einen Kleinkrieg mit der Zentralregierung liefern. Der Papst lenkte bei seinem Appell nach dem Angelus-Gebet das Augenmerk vor allem auf die „Tragödie der Kindersoldaten“, die in dem Konflikt missbraucht werden.

(domradio/rv 28.02.2017 pr)

 








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