2017-02-22 10:48:00

Afrika, Trump und die Blutmineralien


„Dodd Frank Act“: So heißt ein US-Gesetz gegen Blutmineralien, das 2010 unter Präsident Obama in Kraft getreten ist. Es verpflichtet Unternehmen zur Garantie, dass keines ihrer Produkte Mineralien aus dem Kongo und Nachbarländern enthält. Mit dem Verkauf dieser Mineralien finanzieren sich nämlich zahlreiche Rebellengruppen in dieser Konfliktregion Afrikas.

Der neue US-Präsident Donald Trump will dieses Gesetz jetzt kassieren. Aus wirtschaftlichen Gründen, und um neue Arbeitsplätze zu schaffen. „America first“: Dieser Grundsatz Trumps könnte allerdings viele Konflikte in Ländern wie Burundi, Uganda, Ruanda, vor allem aber der Demokratischen Republik Kongo wieder anfachen.

„Die Trump-Regierung bedenkt nicht, dass ihre Entscheidung vor Ort, etwa im Nordosten des Kongo, verheerende Folgen haben kann“, sagt Raffaello Zordan, Journalist der Zeitschrift „Nigrizia“, die von den Comboni-Missionaren herausgegeben wird. „Die US-Regierung ist sich nicht im klaren darüber, welche enormen Anstrengungen es die internationale Gemeinschaft, vor allem aber engagierte gesellschaftliche Gruppen, gekostet hat, um überhaupt zu einer Regelung im Bereich dieser berühmten Blutmineralien zu kommen. Natürlich sind Trump und seine Berater da irgendwie realistisch: Sie sehen, dass das Gesetz in diesen Teilen Afrikas oft nicht greift, weil dort keine geordneten Verhältnisse herrschen, und sagen sich: ,Na gut, die Lage ist da unkontrollierbar, dann laßt uns wenigstens daran verdienen. Die Menschen, die die Folgen davon spüren, sind nicht unsere Bürger, man braucht sie nicht besonders zu berücksichtigen.'“

Es geht um Gold. Um Wolfram. Um Kupfer. Um Kassiterit. Um Coltan, das die Hersteller von Smartphones, Tablets und PCs dringend brauchen. Sobald Trumps Dekret kommt, dürfen US-Firmen diese Mineralien von neuem fördern, bearbeiten und verkaufen, ohne Kontrolle. Das wird vor allem den Kriegsherren im Wilden Osten des Kongo viel Geld in die Hände spielen; die Regierung in Kinshasa (die ansonsten eigentlich schon seit Monaten vor allem mit einer politischen Krise und verschobenen Wahlen beschäftigt ist) kann sich schon mal auf viel Ärger und Kriege gefasst machen.

„Trumps Entscheidung ist sicher nicht zum Vorteil des Kongo – aber bei Uganda und Ruanda könnte sich das wieder anders verhalten. Ruanda ist seit zwanzig Jahren ein Verbündeter der USA und bemüht sich gerade sehr um eine Modernisierung seiner Wirtschaft; dieses kleine Land sieht im Kongo so etwas wie seinen Vorgarten und profitiert von jeder Schwäche des Kongo. Ich hoffe, dass Europa, das einen anderen Blick auf diese Krisenregion hat, die Trump-Regierung doch noch einmal zum Nachdenken bringt... wobei die Trump-Regierung natürlich autonom ist und tun kann, was sie will.“

Trumps Dekret wird, wenn er es tatsächlich unterschreibt, zwei Jahre lang in Kraft sein. NGOs sind alarmiert, auch in den USA schlagen sie Alarm. Die Regierung verspricht deswegen flankierende Massnahmen, mit denen sie die Verbindung zwischen Rebellengruppen und dem Mineralienhandel kappen will. Doch Zordan kann sich nicht vorstellen, dass so etwas gelingen könnte. „Keiner hat es bisher geschafft, die verschiedenen Rebellionsherde im Nordosten des Kongo zu kontrollieren. Das sind reale Konfliktsituationen, nicht irgendwelche Phantasien. Wegen diesen Mineralien sind in den letzten zwanzig Jahren Kriege geführt worden! Sich jetzt vorzustellen, man könnte sich an einen Tisch setzen und irgendwie eine Ordnung in diese Welt der Rebellengruppen bringen, ist überhaupt nicht vorstellbar. Es gäbe eigentlich nur einen Weg: Der Staat müsste effektive Souveränität in der Region Kivu ausüben, und in Kinshasa müsste es einen ernsthaften Zentralstaat geben, der in der Lage wäre, politisch mit jeder dieser Gruppen zu verhandeln. Einige dieser Gruppen müssten natürlich entwaffnet werden, aber mit anderen könnte man durchaus reden.“

(rv 22.02.2017 sk)








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