2017-02-21 14:49:00

Pöttering zu Afghanistan-Abschiebungen: „Einzelfallprüfung“


Für eine Einzelfallentscheidung bei der Abschiebung afghanischer Migranten aus Deutschland hat sich der deutsche CDU-Politiker Hans-Gert Pöttering ausgesprochen. Der Vorsitzende der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung nahm an diesem Dienstag an einer Papstaudienz im Vatikan zum Thema Flucht und Migration teil und kam im Anschluss zu Radio Vatikan.

Afghanistan sei innerhalb der deutschen Asylpolitik unter anderem deshalb ein sehr schwieriger Fall, „weil viele, die aus Afghanistan gekommen sind, dort mit den westlichen Institutionen zusammengearbeitet haben, auch zum Teil mit dem Militär“, was die betreffenden Menschen gefährde, so Pöttering. Der Stiftungsvorsitzende plädierte hier für ein genaues Hinsehen auf die Fluchtursachen: „Man sollte jeden Einzelfall untersuchen, ob es für einen Afghanen, für eine afghanische Frau, einen afghanischen Mann gefährlich ist, nach Afghanistan zurückzugehen, ob sie dort vielleicht von den Taliban verfolgt oder ermordet werden – das muss bei jedem Einzelfall entschieden werden.“

Die beiden großen Kirchen in Deutschland hatten die Abschiebung afghanischer Asylbewerber aus Deutschland zuletzt kritisiert. Die Praxis sei „außerordentlich fragwürdig“, sagte der Münchner Kardinal Reinhard Marx am Montag in München. Der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm verwies auf einen UNHCR-Bericht, der das Land als „unsicher“ eingestuft habe. Hans-Gert Pöttering sieht in Afghanistan dennoch durchaus Zonen, in denen Menschen gefahrlos leben können. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte er:

„Es gibt auch, wie wir von Experten hören, sogenannte sichere Gebiete in Afghanistan, und das ist dann anders zu beurteilen als wenn jemand aus einem Gebiet kommt, das von den Taliban beherrscht wird und die Person vielleicht mit den westlichen Institutionen zusammengearbeitet hat. Jede Abwägung ist natürlich sehr schwierig, das müssen die zuständigen Behörden machen. Aber ich trete ein dafür, dass diejenigen, die jetzt in Deutschland oder der EU sind und die in Afghanistan in Sicherheit leben können, zurückkehren sollten, dass wir aber jenen, denen Gefahr für Leib und Leben droht, weiterhin Asyl gewähren. Das verlangt auch unser Grundgesetz.“

Mit Blick auf die Debatte über die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland befürwortet Pöttering eine klare Unterscheidung zwischen Wirtschafts- und Kriegsflüchtlingen. Es brauche Regeln und eine „geordnete“ Asylpolitik, zeigt sich der CDU-Mann überzeugt: „Wir müssen wissen, wer zu uns kommt. Aber es muss auch klar sein, dass Wirtschaftsflüchtlinge – und das sind ja die meisten – nicht ihren Wohnsitz in der Europäischen Union haben können, dann wären wir überfordert. Wir dürfen auch nicht die Bevölkerung in Deutschland und in der Europäischen Union überfordern. Das heißt, wir brauchen ein vernünftiges Gleichgewicht. Und es ist die Aufgabe der Politikerinnen und Politiker, dieses Gleichgewicht zu finden.“

Mit ihren Streitigkeiten in der Flüchtlingspolitik sorgte in letzten Monaten gerade die CDU/CSU-Fraktion für Aufsehen, was dem Konsens der Wähler nicht gerade förderlich war. Im Gegenzug konnte zuletzt die SPD mit ihrem neuen Kanzlerkandidaten Martin Schulz punkten. Sieht der erfahrene CDU-Mann Pöttering mit den Querelen die Chancen auf eine Wiederwahl Angela Merkels schwinden? Dazu der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung: „Natürlich gibt es auch im Verhältnis von CDU und CSU immer wieder Entwicklungen, die wir lieber nicht sähen. Es gibt Hochs und Tiefs, mal auch Streit und dann wieder Versöhnungsphasen. Wir sind eine politische Familie und gut beraten, dass wir uns auf Sachpositionen einigen. Wenn wir uns nicht einigen, dann gibt es eine Regierung von rot-rot-grün. (…) Wir müssen selber an uns arbeiten und unsere Prinzipien vertreten. Und das, was uns – CDU und CSU – vereint, die doch weit größer als das, was es an Differenzen gibt. Deswegen ist meine Empfehlung an die CDU und die CSU, dass wir uns besinnen auf das, was uns zusammenführt und was uns auch zum Erfolg führt. Und nicht nur für uns als Parteien, sondern für die Menschen in Deutschland und damit auch für die Menschen in der Europäischen Union.“

(rv 21.02.2017 pr)








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