2017-02-18 08:15:00

Buchtipp: Steuerungerechtigkeit und Armut


„Wir verschenken Milliarden“ – ein ungewöhnlicher Name für ein wissenschaftliches Buch. Autor ist der Jesuitenpater Jörg Alt SJ von der Jesuitenmission in Nürnberg. Bei den verschenkten Milliarden handelt es sich um Steuergelder. Alt arbeitet mit zwei Mitbrüdern aus Afrika an einem Forschungsprojekt zum Thema „Armut und Steuerungerechtigkeit“. Im Gespräch mit Radio Vatikan erläutert er das Vorhaben:

„Die Jesuitenmission wollte mit zwei Partnerorganisationen in Kenia und Sambia die Entwicklung von Ungleichheit in Deutschland, Kenia und Sambia untersuchen und ebenso, wie sich die Ungleichheit zwischen unseren Ländern in den letzten Jahren und Jahrzehnten entwickelt hat. Dabei stand natürlich im Mittelpunkt, wie sich Steuerrecht und Steuerverwaltung bei diesen Entwicklungen darstellen. Und wie man etwa dieses Auseinanderklaffen von Ungleichheit in unseren Ländern und zwischen unseren Ländern durch eine Neugestaltung von Steuerrecht und Steuerverwaltung beeinflussen könnte, sofern der politische Wille vorhanden ist.“

Der Titel „Wir verschenken Milliarden“ stammt nicht vom Autor selbst, sondern aus einer Befragung bayerischer Steuerbeamter. Die deutschen Verhältnisse seien damit auf den Punkt gebracht, findet Alt. „Vergleichen wir einfach die Entwicklung beim Einkommenssteuersatz und den vermögensbezogenen Steuern zwischen 1996 und 2016. Da wurde der Spitzensteuersatz gesenkt, die Vermögenssteuer ausgesetzt und die Erbschaftssteuer ist wie ein löchriger Käse. Dann gibt es Länderregierungen, die eine Steuerverwaltung nicht als Instrument zur Rechtsdurchsetzung betrachten, sondern als Instrument im Standortwettbewerb um die Ansiedelung von privaten und betrieblichen Großvermögen, und die irgendwann aufhören, selbst Betrug und Missbrauch angemessen zu untersuchen und zu bekämpfen. Und dann sieht es natürlich schlecht aus für das Gemeinwohl.“

„Bayern - gar nicht so verschieden von Sambia“

Ein gewichtiges Problem – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Kenia und Sambia – sei die fehlende Transparenz: „Für mich war es am interessantesten zu sehen, dass Bayern – wo ich meinen Forschungsschwerpunkt hatte – gar nicht so verschieden ist von Kenia und Sambia, was zum Beispiel den Filz zwischen wirtschaftlich-finanziellen und politisch-administrativen Eliten betrifft. Das läuft normalerweise unter dem Stichpunkt ‚Lobbyismus‘, der ja eigentlich für die demokratisch gewählten Vertreter, die Zivilgesellschaft und die Bevölkerung kaum zu durchschauen ist. Transparenz ist in allen unseren drei Ländern ein Fremdwort.“

Mit seinen Ergebnissen tourt der Jesuit nun durch Deutschland, stellt sie Parteien und Gewerkschaften vor, damit politische Reformen angegangen werden können. „Gerade was den Vorwahlkampf in Deutschland betrifft, bin ich mit den Entwicklungen etwa bei den Grünen und der SPD sehr zufrieden. Die Linkspartei ist mit ihren Positionen in der Steuerpolitik ohnehin im Rahmen dessen, was auch wir gut finden. Dabei ist natürlich lustig, dass in der Wahrnehmung gerade seitens der CSU immer behauptet wird, meine Schlussfolgerungen seien sozialistisch. Aber da kann ich auch nur mit Papst Franziskus sagen: Nein, sie sind christlich und mit den Prinzipien der katholischen Soziallehre zu begründen!“

Das Buch „Wir verschenken Milliarden“ ist im Echter-Verlag erschienen und kostet 16,80 Euro.

(rv 18.02.2017 dh)








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