2017-01-13 09:30:00

Papst besucht Pfarrei mit schwerkrankem Pfarrer


Der Papst als Vorstadtpfarrer: Zum ersten Mal nach rund eineinhalb Jahren kommt Franziskus nächsten Sonntag wieder auf Besuch in eine römische Pfarrei. Die Visiten lagen wegen des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit auf Eis, da hatte der Papst viele Extra-Termine; auch die Ad Limina-Besuche waren ausgesetzt. Als erste Station hat sich Franziskus eine Pfarrei in Guidonia ausgesucht, einer praktisch mit Rom verwachsenen Satellitenstadt, wie sie in den vergangenen 30 Jahren ein wenig im Wildwuchs entstanden sind.

„Eine große Gemeinde sind wir nicht“, erzählt der Pfarrer von Santa Maria a Setteville, Luigi Tedoldi, „wir liegen in der Peripherie, sind aber mehr eine Art Dorf, da gibt es allerhand Probleme, vor allem Arbeitslosigkeit“. Trotzdem, oder deshalb: die Gemeinde ist recht lebendig: „100 Pfadfinder und 130 Jugendliche nach der Firmung zwischen 13 und 18, die einmal die Woche in die Kirche zur Fortbildung nach der Firmung kommen. Die Jungen und Mädchen sind mehr an Bildung interessiert als an Freizeitgestaltung“, erzählt der Pfarrer und erklärt den Grund: „Wenn wir als Pfarrei mit der Welt konkurrieren, können wir nur verlieren und machen uns dabei lächerlich.“ Ganz besonders setzt der Pfarrer auf die Begleitung von Verlobten und Ehepaaren. Und diese bleiben der Kirche dann treu, mitsamt den Kindern. Nicht weniger als fünf Seminaristen aus seiner Pfarrei bereiten sich gerade auf die Priesterweihe vor, erzählt der Pfarrer nicht ohne Stolz.

Vielleicht hatte Papst Franziskus aber noch einen weiteren Grund, ausgerechnet diese Pfarrei für seinen ersten Trip dieser Art nach langer Zeit auszusuchen. Der Vizepfarrer leidet seit zwei Jahren an einer zerstörerischen  Nervenkrankheit. Mit seinen 47 Jahren ist  Don Giuseppe Berardino vollständig paralysiert und kann sich nicht mehr mitteilen. Franziskus wird ihn besuchen. Der Bischof, der für seinen Pfarrer da ist, egal unter welchen Umständen: das ist das Zeichen, das er setzen will.

„Als bei Don Giuseppe die Krankheit ausbrach, bin ich nachts aufgestanden, in die Kirche gegangen und habe vor dem Allerheiligsten gebetet“, erzählt Pfarrer Luigi Tedoldi, „ich habe gebetet für die Gnade, wenn schon nicht der Heilung, so doch zumindest für einen langsamen Verlauf. Aber es ging rasend schnell. Es dauerte nur zwei Monate, dann war er komplett bewegungsunfähig. Weder der Herr hat meine Gebete erhört, noch die Muttergottes, noch der Heilige Josef. Aber sie haben eine noch größere Gnade erwirkt: die Gnade der Nicht-Rebellion. Nicht einen Augenblick hat sich Don Giuseppe aufgelehnt gegen sein Schicksal. Das sah man, solange er sich irgendwie noch mit den Augen ausdrücken konnte, seit drei Monaten kann er auch das nicht mehr. Nie, nie hat er rebelliert.“

Für die Gläubigen der Gemeinde war die Krankheit ihres Vizepfarrers zugleich Schock und Beispiel – und mehr als das. „Seit zweieinhalb Jahren sind da diese 20 jungen Leute, mittlerweile alle verheiratet und mit Kindern, die sich an seinem Bett abwechseln und jeden Samstag und Sonntag zu ihm kommen und ihn pflegen, damit die bezahlten Pfleger frei haben können. Ich sage ihnen immer, wenn ihr müde sei, ich verstehe euch, geht nach Hause. Aber sie antworten mir, nein, Don Gino. Wir haben da die Chance, unserem Vizepfarrer etwas zurückzugeben, die werden doch nicht sausen lassen!“

Papst Franziskus wird auch anderen Kranken der Pfarrei begegnen. Nach der Messe um 17:30 Uhr hört er Beichte und trifft 200 Jugendliche sowie 40 junge Elternpaare. Alles in allem nimmt er sich fast vier Stunden Zeit.

Pfarreibesuche im Bistum Rom gehören erst seit dem Amtsantritt Johannes Paul II. im Jahr 1978 zu den Aktivitäten der Päpste.

(rv 13.01.2017 gs)








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