2017-01-03 00:23:00

Österreich: Bibelwerk erwartet Impulse durch Neuübersetzung


Die Bibel als Bestseller, im Jahr 2017, in den angeblich so säkularisierten Ländern deutscher Sprache – wer hätte das gedacht. Doch tatsächlich erweist sich die revidierte Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift ins Deutsche, die letzten Herbst auf den Markt kam, als Verkaufsschlager. Nach wie vor vergriffen ist die Jahresedition 2017, nach Auskunft des Stuttgarter Bibelwerk-Verlags wird sie in diesen Tagen nachgedruckt und soll Ende Januar wieder im Handel sein. Erhältlich sind aber die Standard- und die Kompaktausgabe der neuen Einheitsübersetzung. Woher kommt das große Interesse an der neuen Bibelübersetzung? Das wollten wir vom Direktor des österreichischen katholischen Bibelwerkes wissen, dem Priester Wolfgang Schwarz.

„Wir übersehen oft, dass es eine Fülle von Bibelinteressierten gibt. Menschen, die privat die Bibel lesen, die in Bibelkreisen in den Pfarren sind und die gewusst haben, da kommt eine neue Bibelübersetzung. Wir merken das auch im Österreichischen Bibelwerk, dass einfach die Nachfrage nach den Ausgaben da ist. Es geht so weit, dass wir einige Pfarren und Pfarrer haben, die bei uns vor Weihnachten Hunderte von Bibeln bestellt haben, weil sie die Gelegenheit nutzen wollten, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Pfarrgemeinderäten das auch zu Weihnachten gleich zu schenken. Das zweite ist, dass wir auch Interesse gespürt haben von jenen, die etwa liturgisch tätig sind, Priester oder Laien, die sagen, ich will rechtzeitig die neue Ausgabe kennen, damit ich dann auch weiß, was wird in Zukunft in den liturgischen Büchern und den Brevieren sein.“

RV: Anders gesagt, bei den eher kirchenfernen Getauften ist das Interesse an der neuen Bibelübersetzung noch nicht angekommen?

„Ja, das würde ich im Moment so sehen. Aber da wird eben noch besondere Arbeit notwendig sein, auch von unserer Seite als Bibelwerk. Wir sind ja die Verteiler der Schulbibeln für den Religionsunterricht, und das Entscheidende wird sein, dass auch die Religionslehrerinnen und – Lehrer und überhaupt die Verkündigenden sich mit dieser Ausgabe der revidierten Einheitsübersetzung stärker auseinandersetzen, um den Menschen helfen zu können, doch manche Dinge, die in diese Übersetzung an Neuerungen eingeflossen ist, zu erklären und zu deuten.“

RV: Sie sind selbst von Haus aus Bibelwissenschaftler und haben lange im Heiligen Land gelebt. Die revidierte Einheitsübersetzung ist näher am Originaltext, zugleich ist sie moderner. Was steht an Neuerungen drin, die aus Ihrer Sicht erfreulich sind?

„Etwas in meinen Augen Sensationelles ist, dass man im alttestamentlichen Bereich in Rücksicht auf die jüdische Tradition nicht mehr das Wort Jahwe verwendet, sondern HERR. In den Ausgaben ist auch dieses Wort HERR, wenn Gott gemeint ist, in Blockbuchstaben geschrieben, um das zu unterscheiden von den menschlichen Herren. Das ist für mich sensationell, dass das durchgegangen ist. Das zweite ist, dass es auch möglich war, in den Paulusbriefen dort, wo Männer und Frauen gleichzeitig mitgemeint sind, jetzt auch Brüder und Schwestern drin zu haben. Drittens ist gut, dass in der Übersetzung versucht wurde, die Wortspiele der Verfasser deutlicher herauszuarbeiten. Wenn man ZB den griechischen Text der Evangelien liest, dann verwenden die Verfasser ja nicht grundlose die gleichen Verben oder Zusammenhänge vom selben Wortstamm: sie wollen zeigen, dass die miteinander im Zusammenhang stehen. Auch wenn es dann in der Übersetzung ein wenig holpriger klingt - das ist für mich dann zugleich ein Lesesignal und Aufmerksamkeits-Signal – hier wird genauer signalisiert, das war die Urabsicht der Verfassers.“

RV: Erst seit dem II. Vatikanischen Konzil ermuntert die katholische Kirche zur Lektüre der Heiligen Schrift, erst seit 50 Jahren gibt es von katholischer Seite Übersetzungen in möglichst alle Sprachen der Welt. Wie hat sich seither das Interesse an der Bibel entwickelt, und zwar nicht in der Theologie, sondern beim Gottesvolk?

„Wenn ich die letzten Jahrzehnte überblicke, glaube ich, dass die Konstitution Dei Verbum einiges bewirkt hat. Man weist oft zu wenig darauf hin, dass das Konzil eine Auswirkung für das „gemeine Gottesvolk“ nicht nur in der Liturgie hat, wo dann die deutsche Sprache bzw. die Heimatsprache verwendet werden konnte. Eines ist damit einhergegangen: Ja, das Wort Gottes, jetzt können wir ihm noch aufmerksamer zuhören - das hat wirklich mit mir zu tun. Und auch durch die Bibelwerke, die dann eingerichtet wurden, ist eine Bewegung entstanden, die, was ich leider auch gleich anmerken muss, in den letzten Zeiten doch eher abgeflacht ist. Jetzt erwarte ich mir durch die revidierte Einheitsübersetzung und alles, was rundherum publiziert wird, dass da wieder ein stärkerer Impuls kommt, der seinerzeit vom Konzil ausgegangen ist und jetzt wieder aufgenommen wird.“

(rv 02.01.2016 gs) 








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