2017-01-02 09:45:00

Lichtinstallation zu Neujahr in Köln: Werte, nicht nur Worte


Köln hat aufgeräumt nach der Silversternacht. Mit viel Aufmerksamkeit und Spannung war auf die Feiern rund um die Domplatte geblickt worden, nachdem ein Jahr zuvor die Übergriffe gegen Frauen die Flüchtlingsdebatte in Deutschland in Schräglage gebracht hatte. In diesem Jahr hingegen wurde gefeiert. „Köln kann auch anders! Wir sind auf dem richtigen Weg. Das wäre für mich eine Überschrift nach dieser der Silvesternacht“: Kölns Domprobst Gerd Bachner zieht seine persönliche Bilanz. Was um den Dom herum geschehe, könne der Kirche natürlich nicht gleichgültig sein, als Verantwortlicher für die Kirche hielt er deswegen engen Kontakt zu den Ordnungskräften und der Stadt.

Es war aber nicht nur die Präsenz der Polizei, welche die Feiern in diesem Jahr geprägt hat. Begriffe wurden auf den Platz und auf die Fassade etwa des Römisch-Germanischen Museums projiziert, viel war im Vorfeld darüber berichtet worden, es schien so, als sei ganz Deutschland fest entschlossen, sich das Feiern durch die kriminellen Akte nicht kaputt machen zu lassen. „Der Dom war in der üblichen Weise angestrahlt, aber die angrenzenden Gebäude wie das Domforum, das Römisch-Germanische Museum oder das Domhotel wurden mit Lichtkunst erleuchtet. Man erkannte diese Gebäude fast gar nicht wieder - durch die Farben, Kompositionen und Worte, die geschrieben wurden. Das waren Worte, die Menschen vorab eingeschickt hatten, Worte, die ihnen wichtig waren. Es waren für mich auch nicht nur Worte, sondern auch Werte. Werte, die den Menschen viel bedeuten. Das habe ich bei der Installation erlebt, bei den Worten, bei der Musik, die von Glocken her bestimmt war, aber auch mittels Kreide, mit der die Leute auf die Domplatte geschrieben oder gemalt haben. Manche haben die Worte mit einer bestimmten Farbe umrahmt, andere haben den Schweif der drei Sterne gemalt. Das war Kreativität. Die Menschen haben sich über die Worte und Werte zudem untereinander ausgetauscht. Etwas Besseres kann man sich als Priester gar nicht wünschen.“

Austausch über Werte

Bachner bleibt aber Realist, dass es in der Nacht friedlich geblieben ist, hatte natürlich auch mit einer massiven Polizeipräsenz zu tun. „Daran muss man sich gewöhnen. Aber es war nicht so, dass ein angstbesetztes Gefühl überwog. Die Menschen haben sich gefreut, kamen zusammen und haben tief Luft geholt, dass es auch so geht.“ Der Domprobst sieht aber auch beim Sicherheitskonzept nicht nur eine quantitative Veränderung: „Auf der einen Seite wusste man, dass Leute verdeckt zuschauen und andererseits aber auch genügend sichtbar ansprechbares Personal da war. Ich habe mit ihnen gesprochen, wie sie die Lage sehen und beurteilen. Das war eine Kommunikation. Diese Ordnungskräfte fungierten nicht unbedingt als Aufpasser, sondern als Menschen, die dazu da waren, an unserer Seite zu sein. Das war für mich dann auch der qualitative Unterschied.“

Um den Dom herum war in der Silvesternacht das Feuerwerk verboten, bei der Enge dort eine gute Entscheidung, findet der Domprobst. „Es war eine friedliche Atmosphäre, sowohl am Westportal als auch am Bahnhofsvorplatz oder am Roncalliplatz. Die Menschen haben vielleicht nicht so ausgelassen gefeiert, wie man das sonst gewohnt war. Vielleicht war auch ein bisschen Nachdenklichkeit dabei - nicht im Sinne des Ernsten, sondern im Sinne des ‚Nicht-Angst-Haben-Müssens’. Die Menschen konnten sich in guter Weise wieder am ersten Platz unserer Stadt treffen und in Ruhe feiern.“

In Ruhe feiern

Die Installation und die besondere Atmosphäre in diesem Jahr, ein Jahr nach den gewalttätigen Übergriffen, sei eine neue Seite der Feier, könne das Ausgelassene aber nicht ersetzen, findet der Domprobst. „Feuerwerk ist Feuerwerk. Diese Installation war etwas anderes. Sie hat ein Stück weit in die Innerlichkeit geführt, in Gespräche und den Dialog. Wenn Begriffe wie „Anstand", „Sicherheit", „Toleranz", „Solidarität", „Schutz", „Wandel", „Achtsamkeit" oder aber auch das Wort „Sorge" aufgeschrieben werden, dann fördert das den Austausch. Wo haben wir das denn schon, dass wir uns über diese Begriffe, diese Werte austauschen? Je mehr die Musik dann im Laufe des Abends die Dominanz übernahm, so mehr traten die Worte etwas in den Hintergrund. Ich habe die Installation aber nicht als einen Ersatz für ein Feuerwerk empfunden.“

Wenn es mit weniger Ordnungskräften und Polizeieinsatz ginge, wäre es noch besser, findet Bachner. Er sei den vielen Menschen, die für die Sicherheit im Einsatz waren, sehr dankbar, schließlich hätten sie deswegen selber nicht feiern können.

Alles in allem zieht Domprobst Bachner ein positives Résumé, die besonderen Situation dieses Jahreswechsels habe zu einem besonderen Jahresanfang geführt. „Durch Krisen werden wir gestärkt. Wir haben Konzerte auf dem Roncalliplatz gehabt, wir haben verschiedenste Feiern und Feste begangen. Aber eine solche Installation, bei der Menschen auch ins Gespräch kommen, nicht zuletzt auch durch die Impulse des Jahresabschlussgottesdienstes, hat Akzente gesetzt. Die Menschen haben im Dom das Wort Gottes gehört und sich damit auseinandergesetzt und das, was im Jahr 2016 nicht gut war, vor Gott hingelegt. Das alles waren verschiedene Punkte, die zusammenkamen. Wer sich all diesen Punkten geöffnet hatte, der ging gestärkt in der Nacht nach Hause.“

 

(domradio 02.01.2017 ord)








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