2016-12-27 11:51:00

Weihnachten in Gaza


Manche nennen den Gazastreifen das größte Gefangenenlager der Welt – denn die Palästinenser dürfen ja nicht einfach rein und raus. Aber auch hier wird Weihnachten gefeiert. Der Pfarrer von Gaza-Stadt, Mario Da Silva, erzählt: „Dieses Jahr haben wir vor allem über das Thema Barmherzigkeit gepredigt, und über das Thema Vergebung. Denen vergeben, die unsere Feinde sind, denen, die uns Schlechtes antun. Das ist hier etwas sehr Wichtiges, denn die Ungerechtigkeiten, unter denen die Palästinenser in Gaza leiden, sind enorm. Darum muss man auch wirklich zu vergeben wissen.“

Zwischen zwei- und dreitausend arabische Christen leben im Gazastreifen: Katholiken, Orthodoxe, Anglikaner. Da Silva leitet die katholische Pfarrei der Heiligen Familie, der auch mehrere Schulen angeschlossen sind. Die Zahl der Katholiken liegt bei etwa 130 Menschen, davon mehr Frauen als Männer. „Weihnachten scheint hier sogar ein größeres Fest zu sein als Ostern," si der Ofarrer. „Das ist der Moment, wo alle Christen auf den Beinen sind, um sich gegenseitig zu besuchen, sich frohe Weihnachten zu wünschen. Weihnachten ist hier das Fest des Friedens. Und weil dieses Volk nichts so sehr nötig hat wie Frieden, hängen an diesem Fest sehr viele Hoffnungen. Angesichts des Elens und der Ungerechtigkeit, unter der die Menschen hier leiden, kommt der Kirche eine spezielle Rolle zu. Nicht nur eine geistliche Rolle, wie in anderen Teilen der Welt, sondern auch eine soziale Rolle. Ich meine die Hilfe, die die Kirche der ganzen Bevölkerung zukommen lässt. Die Hilfen kommen aus verschiedenen Teilen der Welt; wir spüren dadurch, dass Gott uns gewissermaßen auch materiell näher ist.“

Der letzte Krieg ist erst zwei Jahre her

Vom Christkind wünscht sich der Pfarrer von Gaza dasselbe wie jedes Jahr: Frieden. Einen dauerhaften Frieden. Der letzte Gazakrieg ist erst zwei Jahre her. „Die Befürchtung ist allerdings, dass es hier zu einer Tragödie kommen wird. Die Spannungen werden wieder stärker. Einige Muslime haben mich gefragt, wie wir denn nach dem, was in Ägypten passiert ist, überhaupt noch Menschen an Weihnachten zu einer Messfeier zusammenkommen lassen. Also, das ist unsere Befürchtung.“ Bei einem Anschlag von IS-Terroristen auf dem Gelände der koptischen Markuskathedrale in Kairo, Ägypten, sind Anfang Dezember 25 Menschen ums Leben gekommen.

Da Silva bemüht sich darum, nicht nur an seine eigenen Leute zu denken. Beispiel: Die weitaus meisten Schüler an den katholischen Schulen im Gazastreifen sind Muslime. „Wir haben drei Schulen und kommen auf fast 2.000 Schüler. Mit denen müssen wir arbeiten. Wir müssen ihnen Hoffnung machen, weil sie unsere Zukunft sind. Wir müssen sie zum Frieden erziehen, zur Religion – auch zur muslimischen Religion –, um eine Gesellschaft heranzubilden, die eines Tages  offener für Frieden sein wird.“

(rv 27.12.2016 sk)








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