2016-12-22 12:04:00

D: Lob aber auch Kritik für neue Seminar-Richtlinien


Lob und Kritik eines Theologen und Psychotherapeuten an den neuen Vatikan-Richtlinien für die Priesterausbildung:  Wunibald Müller, der frühere Leiter des Münsterschwarzacher Recollectio-Hauses , gab dem Internetportal der Bischofskonferenz katholisch.de ein Interview und sagte, die neu vorgesehen psychologische Begleitung von Seminaristen sei gut, schlecht hingegen sei aus seiner Sicht die Zurückweisung homosexueller Kandidaten als ungeeignet für das Priesteramt. Am 8. Dezember hatte der Vatikan neue Richtlinien für die Priesterausbildung veröffentlicht.

Kritik an Hürden für Homosexuelle

Pastoralpsychologe Wunibald Müller übt scharfe Kritik am Umgang mit dem Thema Homosexualität in den neuen Richtlinien: „De facto besagen sie, dass ein homosexueller Mann nicht geweiht werden darf“, erklärte er. Dies sei ein Dilemma, „denn definitiv werden homosexuelle Männer geweiht“. Seiner Einschätzung nach seien mehr als 20 Prozent aller Priester homosexuell veranlagt.

Der Theologe sieht ein besonders schwerwiegendes Problem darin, dass diese Männer nicht zu ihrer Homosexualität stehen könnten. Dabei sei es ein wichtiges Grundprinzip der Ausbildung, sich trotz späterer Zölibats-Verpflichtung mit der eigenen Sexualität intensiv auseinanderzusetzen. „Die Kandidaten müssen dazu stehen, dass sie sexuelle Wesen sind und dass sie diese Sexualität auch spüren“, erklärte der Pastoralpsychologe.

Im Zuge der Missbrauchsdebatte habe sich in dieser Hinsicht in den vergangenen Jahren eine Menge getan. Von den deutschen Bischöfen wünscht sich Müller nach eigenen Worten, dass sie sagen: „Hier unterscheiden wir uns von der römischen Instruktion. Kandidaten, die homosexuell sind, die wir aber für geeignet erachten, weihen wir auch.“

In den am 8. Dezember veröffentlichten Richtlinien heißt es, vom Priesteramt ausgeschlossen seien „praktizierende Homosexuelle“ sowie Männer, die „tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte homosexuelle Kultur unterstützen“. Die Richtlinien bestätigten damit ein vatikanisches Dokument aus dem Jahr 2005. Der Vatikan hatte nach ersten Debatten betont, dass Homosexuelle nicht generell vom Priesteramt ausgeschlossen seien und dass eine differenzierte Einzelfallprüfung erforderlich sei.

Lob für psychologische Begleitung

Neben der Kritik am Umgang mit Homosexualität hat Wunibald Müller aber auch Grund zum Lob und zwar die neuvorgesehene psychologische Begleitung in der Priesterausbildung. „Denn neben der theologischen und spirituellen Ausbildung ist auch die psychologische Reife angehender Priester von Bedeutung“, erklärte der ehemalige Leiter des Münsterschwarzacher Recollectio-Hauses. In den neuen vatikanischen Leitlinien, die am 8. Dezember veröffentlicht wurden, werde dies ausführlich mitbedacht.

Vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals in der Kirche spielt eine psychologische Begleitung laut Müller eine große Rolle. „Es ist wichtig, dass die Priester einerseits für Anzeichen von Gewalt, Ausbeutung und Missbrauch sensibilisiert werden. Andererseits soll überprüft werden, ob die Kandidaten die Voraussetzungen erfüllen, um nicht selbst zu Tätern zu werden“, so der Pastoralpsychologe.

Der Theologe hält es zudem als wichtig, dass Priesterkandidaten ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln. „Der Priester darf später seinen Wert und seine Berufung nicht von einem Erfolg in Form gut besuchter Gottesdienste abhängig machen“, erklärte Müller. Allerdings sehe er in letzter Zeit dahingehend Probleme: „Ich habe den Eindruck, dass die wenigen Kandidaten, die es noch gibt, eher dem 'klerikalen Typ' mit narzisstischer Tendenz entsprechen.“

(kna 22.12.2016 sk)

 








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