2016-12-14 11:40:00

D: Kardinal Lehmann kann Trumps Wahl nicht nachvollziehen


Kardinal Karl Lehmann kann die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten nicht nachvollziehen. Ihm sei es „ein Rätsel, was die Amerikaner sich dabei gedacht haben“, sagte der emeritierte Mainzer Bischof am Dienstag vor Journalisten in Duisburg. Wenn es eine Beeinflussung der Wahl aus dem Ausland gegeben haben sollte, sei dies erschreckend. Unmittelbare Angst um den Weltfrieden habe er aber nicht. Vieles werde auch unter der neuen amerikanischen Führung nicht so heiß gegessen wie gekocht und stelle sich mit der Zeit nüchterner dar.

Allerdings sagte der Bischof auch: „Wenn unsere Demokratie wehrhaft und selbstbewusst werden muss, dann ist jetzt die Stunde.“ Er könne Menschen verstehen, die sich um den Verlust von Werten und Verbindlichkeiten sorgten.

Mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr warnte Lehmann vor Radikalisierungstendenzen in Deutschland. „Wir haben noch Zeit gegenzusteuern“, sagte der Kardinal. „Hoffentlich tun wir es auch.“

Für die Wahl 2017 müsse die richtige Grundstimmung wachsen, wobei auch ein kritischer Umgang mit AfD und Pegida notwendig sei. Zugleich verlangte der Bischof, die Ursachen für die Entstehung beider Gruppierungen zu analysieren. Dabei müssten die Begriffe Heimat und Geschichte der Nation große Beachtung finden. Nach den Worten des Kardinals darf die Liebe zu Heimat und Vaterland nicht gering geschätzt werden. So lobte er die Leistung von Heimatvereinen, die Geschichte ihres Dorfes zu beschreiben, und den konkreten Zusammenhalt vor Ort etwa durch Kultur oder Sport.

Umgekehrt sei zu beachten, dass die Welt globaler und internationaler geworden sei. „Die Globalisierung ist in unseren Häusern angekommen“, so der Bischof.

Mit Blick auf die Aufnahme von Flüchtlingen räumte Lehmann ein, dass es irgendwo eine Belastungsgrenze gebe. Aber niemand könne diese quantifizieren. Von daher sei es auch nicht möglich, eine fixe Obergrenze für Zuwanderer zu benennen.

Ausländerhass hat uralte Wurzeln

Zum Ursprung des Ausländerhasses sagte der Kardinal, es handle sich um eine Form der Angst, die schon uralt sei. Dies zeige ein Blick in die Frühgeschichte des Menschen. Zugleich offenbare die Kulturgeschichte aber auch, dass Fremdenangst überwindbar sei und einer regelrechten Kultur des Umgangs mit den Fremden weichen könne.

Der Kardinal verwies auf die „geradezu kopernikanische Wende“ im Alten Testament. Dort heiße es, dass man den Fremden weder unterdrücken noch betrügen dürfe und ihn „wie sich selbst“ lieben solle. Damit stünden alle Anhänger der biblischen Religion, zumal die Christen, vor dem ethisch-religiösen Erbe, sich um Flüchtlinge zu sorgen. Da Flucht ein Weltproblem sei, dürfe die Hilfe „nicht zu klein und eng ansetzen“. Der globalen Not müsse auch eine global orientierte Hilfe folgen. Notwendig seien der soziale Beistand durch Erstversorgung, Unterbringung, Beratung, Unterstützung bei Behörden, Familienzusammenführung und Integration.

Lehmann äußerte sich in einer Vorlesung und in einem Journalistengespräch im Rahmen der Mercator-Professur 2016 der Universität Duisburg-Essen. Mit der 1997 eingerichteten Professur will die Universität das wissenschaftliche Vermächtnis des Duisburger Kartographen und Universalgelehrten Gerhard Mercator wachhalten. Bisher erhielten Persönlichkeiten wie Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Filmregisseur Völker Schlöndorff, der Journalist Ulrich Wickert und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer die Professur.

(kna 14.12.2016 mg)








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