2016-12-14 10:44:00

Bischof: „Aleppo ist wieder eine geeinte Stadt“


Es ist eine bittere Wende im Syrienkrieg: Das Assad-Regime hat den Aufstand in Aleppo niedergeschlagen, Russland – Assads Verbündeter – hat, wenn auch vielleicht etwas voreilig, das Ende der Kämpfe verkündet. Gleichzeitig häufen sich Berichte über apokalyptische Szenen in der Stadt. Getötete Zivilisten, brennende Leichen an Straßenrändern, Flüchtlinge in Ruinen. Ein kleiner Rest von Aleppo-Ost, in dem sich noch Rebellen aufhalten sollen, wird an diesem Mittwoch noch bombardiert; zuvor war ein mehrstündiger Waffenstillstand, bei dem Rebellen und Zivilisten evakuiert werden sollten, abgelaufen.

„Wir haben fünf Jahre lang alle unter den Folgen der Terrorakte gelitten, und jetzt demonstrieren die Menschen auf den Plätzen, weil es endlich Hoffnung auf ein bisschen Frieden gibt.“ Das sagt uns der maronitische Erzbischof von Aleppo, Joseph Tobji, den wir telefonisch erreichten. „Der Krieg gefällt niemandem. Aber endlich ist Aleppo nicht mehr Ost oder West, sondern eine geeinte Stadt!“

Wie viele Christen, die im Westteil von Aleppo unter Kontrolle der syrischen Armee ausgehalten haben, sieht der Bischof in den aufständischen Rebellen aus dem Ostteil Terroristen. Ein Abkommen, das aber offenbar von iranischen Kämpfern aus dem Assad-Lager nicht respektiert wird, sah den freien Abzug der Rebellen in Richtung Idlib vor. Die UNO fürchtet, dass es auf den Straßen von Aleppo zu Racheakten und Grausamkeiten kommen könnte.

Aus dem Ostteil sind in den letzten Tagen Tausende von Menschen in den von der Regierung kontrollierten Teil Aleppos geflohen. „Die Regierung hat schon seit vier Monaten Auffangorte vorbereitet, an die auch humanitäre Hilfen gelangen können. Ich glaube allerdings, dass das nicht reicht – man hat nicht mit so viel Menschen gerechnet. Allerdings sind einige der Flüchtlinge aus Aleppo-Ost jetzt nach dem Einzug der Armee dort in ihre Wohnungen zurückgekehrt.“

Papst Franziskus hat Assad vor zwei Tagen einen Friedensappell zukommen lassen. Der Nuntius in Damaskus, Kardinal Mario Zenari, konnte den Brief dem Präsidenten persönlich in die Hand drücken. „Darüber haben alle nationalen Fernseh- und Radiosender berichtet. Der Papst denkt immer an Syrien, das zeigt dieser persönliche Brief! Uns bedeutet diese Geste viel; wir hoffen, dass der Appell des Papstes gehört wird. Krieg ist etwas Diabolisches; die Schäden sind nicht nur materiell, sondern da fließt Blut.“

Das Weihnachtsfest werden die Christen von Aleppo nach Auskunft von Erzbischof Tobji diesmal anders feiern als in den letzten Jahren: „Mit etwas mehr Hoffnung. Wir Maroniten haben keine Kirchen mehr, die sind alle zerstört. Wir werden Weihnachten in unserer Eliaskathedrale feiern, die nur zur Hälfte zerstört ist; wir werden auf den Trümmern feiern, um zu erleben, dass die Hoffnung nicht stirbt, dass aus dem Tod Leben hervorkommt. Dass der Gott-mit-uns noch bei uns ist und uns nicht verlässt.“

(rv 14.12.2016 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.