2016-12-12 11:33:00

Papstbotschaft: Gewaltfreiheit als Lebensstil


Der Vatikan hat an diesem Montag die Papstbotschaft zum nächsten Weltfriedenstag vorgestellt. Kardinal Peter Turkson vom Päpstlichen Friedensrat und Erzbischof Silvano Tomasi, bis Februar 2016 Ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, präsentierten das Schreiben mit dem Titel „Gewaltfreiheit – Stil einer Politik für den Frieden“ der Presse. Unterzeichnet hatte der Papst die Botschaft wie üblich schon am 8. Dezember, dem Hochfest der Unbefleckten Empfängnis der „Friedenskönigin“ Maria. Radio Vatikan fasst die Papstbotschaft zusammen.

Was meint Gewaltfreiheit als „Lebensstil“, in „Entscheidungen, Beziehungen und Handlungen“, und als Grundprinzip der „Politik in all ihren Formen“? Um diese Frage kreist die Papstbotschaft zur 50. Ausgabe des Weltfriedenstages am 1. Januar 2017. Der Papst spricht darin Erscheinungsformen von Gewalt in der Welt an, den „schrecklichen stückweisen Weltkrieg“, wie er sagt: Kriege und Kriminalität, bewaffnete Übergriffe und Terrorismus, Menschenhandel und Vertreibungen sowie die Zerstörung der Umwelt. Zu den Missständen, die mit dem Phänomen verknüpft sind, zählt Franziskus auch die weltweite Zweckentfremdung von Ressourcen für „militärische Zwecke“ statt sie für das Gemeinwohl einzusetzen.

Gewalt mündet in Unterdrückung und neue Gewaltspiralen, hält Franziskus fest, sie taugt nicht für die Zukunft des Planeten: „Die Gewalt ist nicht die heilende Behandlung für unsere zerbröckelte Welt“, schreibt der Papst: „Schlimmstenfalls kann sie zum physischen und psychischen Tod vieler, wenn nicht sogar aller führen.“

Gewalt sei auch zu Jesu Lebzeiten allgegenwärtig gewesen, erinnert Franziskus. Doch der Gottessohn, der aufgezeigt habe, dass das erste Schlachtfeld das menschliche Herz ist, predigte Vergebung und Feindesliebe. Die „christliche Revolution“ bestehe gerade darin, der Gewalt und Ungerechtigkeit eine „radikal positive Antwort“ entgegenzusetzen, dem Überfluss des Übels ein „Mehr an Liebe und Güte“. In dieser Linie verortet Franziskus das Wirken der Päpste, explizit nennt er seine Vorgänger seit dem Konzil, und der katholischen Kirche sowie – weiter gefasst – „vieler religiöser Traditionen, für die Mitleid und Gewaltlosigkeit wesentlich sind und den Weg des Lebens weisen“. Mit Nachdruck betont der Papst: „Keine Religion ist terroristisch. Die Gewalt ist eine Schändung des Namens Gottes.“

Bei diesem Friedenseinsatz gehe es um „aktive Gewaltfreiheit“, nicht um Kapitulation, Disengagement oder Passivität, präzisiert Franziskus. Als leuchtende Vorbilder nennt er etwa die Heilige Teresa von Kalkutta, Mahatma Gandhi oder die liberische Friedensnobelpreisträgerin Leymah Roberta Gbowee, die mit ihrem gewaltfreien Einsatz entscheidend zum Ende des Bürgerkrieges in dem afrikanischen Land beitrug. „Besonders die Frauen sind oft Vorreiterinnen von Gewaltfreiheit“, hält der Papst fest. Gewaltfreiheit als Haltung bedeute auch eine Absage an die Logik der Rache und Vergeltung: „Wenn die Opfer von Gewalt der Versuchung der Rache zu widerstehen wissen, können sie die glaubhaftesten Leitfiguren in gewaltfreien Aufbauprozessen des Frieden sein.“

Erste Schule der Gewaltfreiheit soll laut Papst die Familie sein. Franziskus verweist hier auf sein nachsynodales Schreiben „Amoris laetitia“. „Die Familie ist der unerlässliche Schmelztiegel, durch den Eheleute, Eltern und Kinder, Brüder und Schwestern lernen, sich zu verständigen und uneigennützig füreinander zu sorgen; hier müssen Spannungen oder sogar Konflikte kraftvoll, aber durch Dialog, Achtung, Suche nach dem Wohl des anderen, Barmherzigkeit und Vergebung überwunden werden. Aus dem Inneren der Familie springt die Freude der Liebe auf die Welt über und strahlt in die ganze Gesellschaft aus.“ Und er ruft dazu auf, häuslicher Gewalt und der Gewalt an Frauen und Kindern ein Ende zu setzen. 

Der „Logik der Angst, der Gewalt und der Verschlossenheit“ erteilt der Papst mit Blick auf menschliche wie politische Verhältnisse eine Absage. Um den Frieden der Völker zu sichern, brauche es atomare Abrüstung, ja ein vollständiges Verbot und die Abschaffung dieser Massenvernichtungswaffen.

Christen und kirchliche Institutionen bauten heute in vielfacher Weise am Weltfrieden mit, erinnert der Papst weiter: in Erziehung und Bildung, Politik und Gesetzgebung. Auch das neue Vatikan-Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen“ stehe in dieser Optik. Für den Aufbau des Friedens habe das Christentum ein „Handbuch“ anzubieten, erinnert er mit Verweis auf die Bergpredigt Jesu. Die Entscheider in Politik und Wirtschaft, Religion und Gesellschaft ruft Franziskus dazu auf, in ihren jeweiligen Bereichen als „Handwerker des Friedens“ zu wirken und sich an Prinzipien der Solidarität und Barmherzigkeit zu orientieren. Hierbei gelte es etwa, sich für soziale Kohäsion einzusetzen, den Respekt vor jedem Menschen aufrechtzuerhalten und sich von der Logik des reinen Gewinnstrebens zu verabschieden. Die Seligpreisungen Jesu könnten hier ein Leitfaden sein, zeigt sich der Papst überzeugt.

(rv 12.12.2016 pr)

 








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