2016-11-29 10:26:00

EU/Sudan: „Entwicklungspolitik“ auf dünnem Eis


Kritik am EU-Grenzschutzprojekt im Sudan kommt von der katholischen Kirche des Landes. Im Gespräch mit dem Aachener Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ wendet sich der emeritierte Bischof Macram Max Gassis gegen Pläne der Staatengemeinschaft, in der Grenzregion zwischen dem Sudan und Eritrea zwei Flüchtlingslager zu bauen.

Ein „Flüchtlingsdeal“ der Europäischen Union existiert nicht nur mit der Türkei, sondern ist auch mit dem Sudan in Planung. So will Deutschland als Koordinator des umstrittenen EU-Projektes im Sudan nicht nur den Grenzschutz verbessern, sondern auch verhindern, dass die zahlreichen Flüchtlinge aus der umkämpften Region Richtung Europa strömen: Zwei Auffanglager für Flüchtlinge sollen gebaut werden – eine Maßnahme der „Fluchtursachenbekämpfung“, die die EU Ende 2015 mit mehreren afrikanischen Staaten vereinbarte.

Macram Max Gassis, emeritierter Bischof der sudanesischen Diözese El Obeid, hat Bedenken. Er sagte jetzt in Aachen: „Wer wird denn diese Lager einrichten? Da liegen Millionen im Korb, Deutschland beteiligt sich mit 52 Millionen Dollar, die EU gibt 100 Millionen. Aber ist das auch eine moralische Lösung? Wer wird denn diese Lager bauen? Der deutsche Außenminister – der Arme, er befindet sich in einer schweren Lage – sagte: Wir haben das Projekt begonnen, wollen das Geld aber nicht dem islamischen Regime in Khartum geben. Wem also dann? Nichtregierungsorganisationen. Wird Omar al Bashir aber glücklich darüber sein? Er will einen Anteil daran, wird keine Ruhe geben!“

Der EU-Vorstoß im Sudan ist aus menschenrechtlicher Sicht in der Tat umstritten. Gegen Omar al Bashir hatte der Internationale Strafgerichtshof von Den Haag Haftbefehl wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Darfur-Konflikt erlassen, und die deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Sudan war mit Verweis auf die Menschenrechtslage eigentlich eingestellt worden. Interesse an einer Zusammenarbeit markiert derweil die sudanische Regierung, die sich gern auf einen „Kuhhandel“ einlässt: Wenn die EU ihre Versprechungen im Sudan umsetze, sei man bereit, in die EU geflohene Menschen aus der Region wieder zu übernehmen, sagte Außenminister Ibrahim Ghandour: „Der Migrationsminister in Brüssel hat mir gesagt: Wir haben 12.000 illegale Migranten aus dem Sudan in der EU. Sind Sie bereit, die zurückzunehmen? Ich sagte ihm: Sofort. Setzt ihr Eure Versprechungen aus den Konferenzen um und sie sind herzlich willkommen.“

Herzlich willkommen – die Realität in dem Kriegsland sieht anders aus, weiß Bischof Macram Max Gassis. Er sieht mit den geplanten EU-Maßnahmen die Menschenrechte der Flüchtlinge im Sudan nicht ausreichend geschützt. So seien viele Fragen völlig ungeklärt: „Was wird in dem Flüchtlingslager passieren? Wer wird das verwalten? Wer wird sich um die Ernährung und Gesundheit der Menschen kümmern? Wie viele Frauen und Mädchen werden da vergewaltigt werden in solchen Camps? Ist das ein gesunder Ort für Menschen? Da werden Menschenrechte verletzt, Menschen haben das Recht zu leben, zu leben, sich zu bewegen, zu äußern – wenn man sie in ein Camp einschließt, raubt man ihnen diese Rechte. Camps sind keine Lösung.“

Die katholische Kirche im Sudan setzt sich dagegen dafür ein, dass die Menschen in ihrer Heimat bleiben können. Aus diesem Grund arbeite man mit deutschen Partnerorganisationen wie dem Kindermissionswerk, Misereor und Missio zusammen, so Bischof Macram Max Gassis. Er erhofft sich von den Hilfswerken in dieser Hinsicht auch Zeichen in Richtung der deutschen Bundesregierung.

(rv/kindermissionswerk 29.11.2016 pr)








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