2016-11-24 14:49:00

Papst an Jesuiten: Nicht an Schwarz-Weiß-Denken gewöhnen


Ein wahrer Sturzbach von Papst-Interviews ergießt sich in diesen Tagen über die Interessierten. An diesem Donnerstag wurde ein weiterer Text bekannt, in dem Franziskus in freier Rede auf Fragen antwortet. Diesmal ist es aber kein Interview, sondern ein Gespräch mit Jesuiten, die der Papst am 24. Oktober in Rom getroffen hat. Den Delegierten der 36. Generalkongregation seines Ordens stand er eineinhalb Stunden lang spontan Rede und Antwort; das Transkript wurde jetzt erst bekannt.

Beredt wirbt Franziskus für eine stärkere Berücksichtigung von Einzelfällen bei moralischen Urteilen im kirchlichen Raum. Ihm falle auf, dass die nötige „Unterscheidung“ bei der Priesterausbildung oft keine größere Rolle spiele: „Wir riskieren, uns an ein Schwarz-Weiß-Denken zu gewöhnen, wir sind dem Unterscheiden gegenüber ziemlich verschlossen.“ Eine solche „Strenge“ mache ihm „Angst“. Der Papst wörtlich: „Ich glaube, Bernhard Häring war der erste, der einen neuen Weg gesucht hat, um die Moraltheologie neu aufblühen zu lassen“. Der deutsche Moraltheologe Häring, Autor mehrerer Standardwerke, war kurz vor seinem Tod 1998 Gegenstand von Lehrbeanstandungs-Verfahren durch die Glaubenskongregation.

Franziskus äußert sich in dem Gespräch, das noch vor der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten geführt wurde, auch zum schrilleren Ton in Politik und Kirche. „Ich glaube, dass die große Politik immer mehr zu einer kleinen Politik geschrumpft ist.“ Er höre oft „die Ansicht, dass die Politiker abgestürzt sind“. Offensichtlich fehlten „diese großen Politiker, die fähig waren, sich ernsthaft für ihre Ideale einzusetzen und die weder vor dem Dialog noch vor dem Kampf Angst hatten“.

Einen afrikanischen Mitbruder ermuntert der Papst in dem Gespräch zum Einsatz für den Frieden. Er habe vor anderthalb Jahren mal geäußert, dass es derzeit „einen Weltkrieg in Stücken“ gebe: „Jetzt wachsen diese Stücke immer mehr zusammen, wir sind im Krieg, wir sollten nicht naiv sein.“

Unter Verweis auf den hl. Ignatius von Loyola, Gründer des Jesuitenordens, unterstreicht der Papst die Wichtigkeit der „Armut als Lebensstil, als Heilsweg, als Weg der Kirche“. „Wieviele kirchliche Katastrophen hat es gegeben, weil eine solche Armut nicht bestand..., wieviele Skandale entstehen aus Geldgründen!“ In gewisser Weise sei der Klerikalismus das Gegenteil der Lebensstil-Armut: „Der Klerikalismus ist reich – wenn nicht an Geld, dann an Hochmut... Er ist eine der schwerwiegendsten Formen des Reichtums, an denen heute die Kirche leidet, zumindest stellenweise.“

(rv 24.11.2016 pr/sk)








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