2016-11-23 09:58:00

Ruanda: Mea Culpa der Bischöfe


So richtig große Schlagzeilen hat es nicht gemacht, dass die katholische Kirche von Ruanda für ihre Rolle beim Völkermord von 1994 um Vergebung gebeten hat. Am letzten Sonntag, dem letzten Tag des Heiligen Jahres, wurde ein entsprechender Hirtenbrief der neun Bischöfe von den Kanzeln verlesen. Zwar war die Kirche nicht Partei in dem Völkermord, den radikale Hutus damals binnen weniger Monate an über 800.000 Menschen verübten. Doch haben Kirchenmitglieder, darunter sogar Geistliche, den Massenmord teilweise mitgeplant, unterstützt oder mit ausgeführt.

„Wir dachten über das Heilige Jahr der Barmherzigkeit nach“, erzählt Bischof Philippe Rukamba von Butare, der auch Vorsitzender der Bischofskonferenz ist. „Und da kamen wir auch auf das Thema Vergebung und auf den dramatischsten Moment unserer jüngeren Geschichte, den Völkermord. Darum haben wir diesen Brief geschrieben, der drei Teile hat: Zunächst danken wir Gott für alle Gaben, die er uns gegeben hat, nämlich das Leben, unsere Kultur, unsere Eltern, unser Land. Und dann bitten wir um Vergebung für alles Böse, vor allem mit Blick auf die beim Völkermord Getöteten und auf die Folgen, also die Witwen, die Waisenkinder. Drittens dann unser Zukunftsprojekt: Wir wollen unser Christentum echter leben und gegen jedwede Ideologie auftreten, die zu so einem Völkermord führen kann.“

Die Kirche bedaure die Taten all jener Gläubigen, die damals am Genozid beteiligt waren, so die Erklärung der Bischofskonferenz. Sie soll jetzt in alle Sprachen Ruandas übersetzt werden. Viele Tutsi und gemäßigte Hutu sind 1994 auch in Kirchen ermordet worden; teilweise lieferten Hutu-Priester oder Ordensleute sie an ihre Verfolger aus.

„Schon im Heiligen Jahr 2000 hatten wir eine Bitte um Vergebung formuliert, bei einem Gottesdienst.Es ging uns darum, eine klare Haltung zu zeigen, und Mitgefühl. In zwei Jahren werden wir das wiederholen; bis dahin wollen wir über Versöhnung und die Einheit des Landes nachdenken, um die Nachwirkungen des Völkermords zu überwinden.“

Experten und Opfer haben am Montag die Vergebungsbitte der Bischofskonferenz begrüßt. „Es ist ein positiver Schritt, dass die Kirchenführer vereint auftreten und sich entschuldigen", zitierte die ruandische Zeitung „New Times“ den Vorsitzenden von Ruandas „Kommission gegen Völkermord" (CNLG), Jean-Damascene Bizimana. Der Bischof von Butare betont, die Kirche tue einiges, um ein neues Abrutschen in einen Völkermord zu verhindern. „Zum einen hilft natürlich die Caritas den Opfern des Völkermords, so gut sie kann. Wir gehen in die Schulen, sprechen mit anderen Christen, haben auch hier und da sogenannte „Versöhner“ ernannt, die auf allen Ebenen eine Art Friedensbotschafter sein sollen. Das tun wir in allen Bistümern. Wichtig ist uns eine klare Absage an Rache und Vergeltung. Die Lehre der Kirche sagt ganz klar, dass sich die Spirale des Bösen nur durchbrechen lässt, wenn wir darauf verzichten, jemandem das Böse heimzuzahlen, das er uns angetan hat.“

So selbstverständlich, wie sich diese Bischofsworte anhören mögen, sind sie nicht. Alles, was mit dem Völkermord zu tun hat, ist in Ruanda immer noch eine offene Wunde. Und wie schnell der Rückfall in genozidale Muster geht, das hat Burundi bei seinen Wirren rund um die letzten Präsidentenwahlen auf schockierende Weise vorgemacht. Vor einem solchen Hintergrund zählt jeder Schritt zur Vergebung, so klein er auch sein mag.

„Während des Heiligen Jahres hat es vereinzelt Begegnungen gegeben von Menschen, die versucht haben, Tätern zu vergeben. Wir haben diese Menschen zusammengebracht und ihnen eingeschärft, dass man der ganzen Ideologie, die zum Völkermord führt, widersagen muss. So etwas ist nicht leicht; das trifft die Leute an einem wunden Punkt, sie wollen nicht verstehen..."

(rv 23.11.2016 sk)








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