2016-11-11 16:38:00

Papst besucht sieben Ex-Priester, die geheiratet haben


Eine Geste der Barmherzigkeit, die in dieser Form niemand erwartet hätte: Papst Franziskus hat junge Ex-Priester besucht, die ihr Priestertum an den Nagel gehängt und geheiratet haben. Das gab der Vatikan an diesem Freitag bekannt. Franziskus machte sich am Freitagnachmittag auf den Weg in die römische Peripherie nach Ponte di Nona, dort traf er in einer Wohnung sieben Familien, die ein ähnliches Schicksal eint: der Mann war einst katholischer Priester. Mit seinem Besuch habe der Papst seine Nähe und der Zuneigung zu diesen jungen Männern bekunden wollen, deren Entscheidung, das Priestertum aufzugeben, von ihren Mitbrüdern und ihren Herkunftsfamilien oft ungünstig aufgenommen wurde. Vier der jungen Familienväter stammten aus dem Bistum Rom, einer aus Madrid und einer aus Lateinamerika, beide mit Wohnsitz in Rom, der letzte schließlich lebe in Sizilien.

„Nach einigen Jahren des priesterlichen Dienstes in den Pfarreien“, heißt es in der Mitteilung aus dem Vatikan, „war es so, dass die Einsamkeit, die Verständnislosigkeit, die Müdigkeit wegen des großen Engagements und der seelsorgerlichen Verantwortung die ursprüngliche Entscheidung zum Priestertums in die Krise brachten. Es folgten Monate und Jahre der Unsicherheit und des Zweifels, die oft zu der Überzeugung führten, dass das Priestertum die falsche Entscheidung war.“ So sei die Wahl gefallen, das Priesteramt aufzugegeben und eine Familie zu gründen.

 

Kardinal Bergoglio und wie er es mit Priestern hielt, die heiraten wollten

Katholische Priester, die heiraten, „verlieren" ihre Weihe grundsätzlich nicht, können aber ihrer ursprünglichen Berufung nicht mehr nachgehen. Papst Franziskus hatte sich seinerzeit als Erzbischof von Buenos Aires - wie jeder andere Bischof auch - mit solchen Fällen auseinanderzusetzen. In dem Interviewbuch „El Jesuita“ erzählte er, wie er damit umging.

„Priester geraten in Situationen, in denen sie sich verlieben, und das ist normal. Es ist eine schmerzvolle Situation und eine neue Gelegenheit, die Option für Gott zu erneuern. Aber wir sollten nicht vorschnell sein: Man muss unterscheiden zwischen einer wirklichen Verliebtheit, einer bloßen Begeisterung oder einem sexuellen Sich-angezogen-Fühlen. Sicher gibt es manchmal ein wirkliches Verliebtsein, und der Priester muss dann sein Priestertum und sein Leben neu überprüfen. Dann geht er zum Bischof und informiert ihn: „Bis hierher bin ich gekommen ...  ich wusste nicht, dass ich ein so wunderbares Gefühl erleben würde ... dies ist die Frau, die ich wirklich liebe ...“ Und er bittet darum, den priesterlichen Dienst verlassen zu dürfen.

–  Und Sie, was tun Sie in solchen Fällen?

–  Ich bin der Erste, der einen Priester in diesem Augenblick seines Lebens begleitet; ich lasse ihn nicht allein, sondern begleite ihn auf seinem ganzen Weg, auch in der spirituellen Verarbeitung dessen, was er erlebt. Wenn er sich seiner Entscheidung sicher ist, dann helfe ich ihm auch, eine Arbeit zu finden. Was ich nicht durchgehen lasse, ist ein Doppelleben. Wenn er seinen priesterlichen Dienst nicht mehr ausüben kann, bitte ich ihn darum, zu Hause zu bleiben. Wir suchen dann um eine Dispens nach, also um eine Erlaubnis aus Rom. Dann kann er auch das Sakrament der Ehe empfangen. Aber es darf nicht zu einem Skandal in der Gemeinde kommen; man muss auch auf die Mitglieder der Pfarrei Rücksicht nehmen. In Gottes Barmherzigkeit ist Raum für alle.“

(Aus: Papst Franziskus - Mein Leben, mein Weg. El Jesuita: Die Gespräche mit Jorge Mario Bergoglio. Von Sergio Rubin und Francesca Ambrogetti. Herder 2013. S.108f.)

(rv 11.11.2016 gs)








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