2016-11-07 13:54:00

RENATE-Netzwerk: Breite Front gegen Menschenhandel nötig


Etwa 90 Dollar: Das ist nach einer Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der Vereinten Nationen der Durchschnittspreis für einen modernen Sklaven. Unvorstellbare 150 Milliarden Dollar betrage hingegen der Profit, den Menschenhändler jährlich aus der Ausbeutung ihrer Opfer ziehen. Doch für ein Funktionieren des Menschenhandels braucht es vor allem eines: Menschen wie du und ich, die die Augen vor dem Problem verschließen und vielleicht sogar selbst zu Konsumenten werden. „Menschenhandel beginnt mit uns!“ ist deshalb auch der Titel des Treffens des Ordensnetzwerkes gegen Menschenhandel RENATE (Religious in Europe Networking Against Trafficking and Exploitation), das in dieser Woche in Rom stattfindet.

Besonderer Schwerpunkt der Arbeit der Schwestern: Albanien, aus dem Schätzungen der Organisation „Terre des Hommes“ zufolge die meisten Menschen nach Westeuropa geschleust werden, wo sie als Sex- und Arbeitssklaven ausgebeutet werden. „Unser Fokus lag immer auf denen, die am Rand der Gesellschaft stehen und besonders anfällig dafür sind, zur menschlichen Ware zu werden“, erklärt die Präsidentin von RENATE, Schwester Imelda Poole IBVM, gegenüber Radio Vatikan: „Deshalb reicht unsere Arbeit beispielsweise in Albanien von der direkten Arbeit mit Opfern von Menschenhandel in Schutzunterkünften, über die Arbeit mit ethnischen Minderheiten, die oft gehandelt werden – Roma und andere Minderheiten – bis zur Arbeit mit Männern, Frauen und Kindern in den entlegendsten Gegenden Albaniens, den unzugänglichen Bergregionen.“

Der Mission des Netzwerkes in Europa und insbesondere in Albanien ist ein Film gewidmet, der an diesem Montag in der Arbeitssitzung vorgestellt wurde. Darin werden verschiedene Akteure im Kampf gegen den Menschenhandel aus dem Ordensnetzwerk vorgestellt. Für die Präsidentin von RENATE ist klar, dass dem Menschenhandel nur durch breite gesellschaftliche Zusammenarbeit die Grundlage entzogen werden kann. Schwester Poole: „Ich denke, dass die Kirche konstruktiv mit allen mit dem Phänomen befassten Institutionen zusammen arbeiten muss. Nur mit der Polizei zu arbeiten, ist nicht genug. Sie müssen mit den Ärzten, den Zollbehörden, den Sozialarbeitern, den einfachen Leuten von der Straße zusammenarbeiten, denn es ist nur gemeinsam, dass wir das Verbrechen bekämpfen können, nicht nur in bilateralen Verhandlungen.“

Die Santa-Marta-Group sei ein wertvoller Ansatzpunkt für den Kampf gegen den Menschenhandel, betont Schwester Imelda. Doch das sei nicht genug: „,Menschenhandel beginnt mit uns – das ist ein wichtiges Motto für unsere Begegnung, denn wenn nicht alle Menschen zusammenarbeiten, um diese kriminelle Aktivitäten zu besiegen, besteht keine Möglichkeit, dass die Betroffenen gerettet werden und durch die gemeinsame Aktion gegen dieses Verbrechen geschützt werden.“

Menschenhandel: Ein ganzes Bündel von Unrecht

Ähnlich sieht das die nigerianische Schwester Monica Chikwe: Gerade aus ihrem Land kämen viele Opfer von Menschenhandel, vor allem junge Frauen, die in Europa auf den Straßenstrich geschickt würden. Wenn man von Menschenhandel spreche, müsse man die Augen öffnen, so ihr Appell: Man müsse alle Spielarten des Phänomens betrachten: „Wenn wir Menschenhandel sagen, meinen wir einerseits den Handel für sexuelle Ausbeutung, andererseits auch für die Arbeit auf dem Feld oder generell unbezahlte Arbeit. Außerdem werden Menschen für die Organentnahme gehandelt oder für den Transport von Drogen.“

All diese Formen von Menschenhandel verschaffen den Händlern enorme Profite. In der öffentlichen Wahrnehmung kaum bekannt: Der Großteil der Opfer von Menschenhandel kommt aus den Balkanstaaten und dem ehemaligen Sowjetimperium, nur etwa fünf Prozent beispielsweise aus Afrika. Statistisch gesehen nimmt das Phänomen zu – trotz der Anstrengungen der Aktivisten gegen den Menschenhandel, so die einmütige Einschätzung der Experten. Schwester Monica:

„Wir alle müssen etwas tun, nicht nur die Kirche. Vor allem die Gesellschaft und der Staat müssen etwas dafür tun, dass die Gesetze, die dagegen gemacht werden, wirklich dafür Sorge tragen, dass die Schuldigen bestraft werden. Aber das Gesetz muss auch angewandt werden! Außerdem müssen die Hauptkatalysatoren dieses Phänomens angegangen werden, die Konsumenten und die Händler. Die Kirche macht viel, vor allem durch die Schwesternkongregationen. Wie viele Schwestern haben seit 1980 begonnen, ihre Häuser zu öffnen, um sie zu Zufluchtsstätten für diese Mädchen zu machen! Sie haben verstanden, dass die Mädchen nicht auf der Straße stehen, weil sie dort sein wollen, sondern weil jemand sie dort hin gestellt hat! Deshalb tun sie alles dafür, diese Mädchen zu retten und sie wieder zu rehabilitieren.“

(rv 07.11.2016 cs)








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