2016-10-31 09:44:00

Schwedens Presse: Erwartungen an den Papstbesuch


Am Tag der Reise von Papst Franziskus nach Malmö und Lund widmen die schwedischen Tageszeitungen der Papstreise in ihrer Berichterstattung zwar Doppelseiten. Eine Begeisterung, die etwa mit den Besuchen Benedikts XVI. in Deutschland vergleichbar wäre, ist in Skandinavien allerdings nicht zu spüren.

Ökumene und bilaterale Beziehungen

Die landesweit erscheinende Zeitung „Dagens Nyheter“ zitiert die Aussage von Kurienkardinal Kurt Koch, es sei ein Hindernis für den Dialog der Konfessionen, dass die Lutherische Kirche Schwedens eine Frau als Erzbischöfin habe, die aus Deutschland stammende Antje Jackelen. Weiter berichtet das Blatt von der Unterkunft des Papstes in Igelösa und seiner Freundschaft mit dem in Schweden lebenden Argentinier Carlos Luna, den Franziskus während seines Besuchs in privatem Rahmen treffen will.

Das Wirtschaftsblatt „Dagens Industri“ wiederum beschäftigt sich mit der guten Buchungslage von Hotels in Lund und Malmö und veröffentlicht einen Gastbeitrag des ehemaligen Vorsitzenden der schwedischen Christdemokraten und früheren Europa-Parlamentariers Alf Svensson, in dem dieser sich dafür ausspricht, beim Heiligen Stuhl eine schwedische Botschaft zu eröffnen. Schweden unterhält dort keine Vertretung. „Svenska Dagbladet“, eine der größten schwedischen Zeitungen, berichtet davon, dass der „charmierende Papst“ im Vatikan Feinde habe, die nicht unterschätzt werde sollten.

Die pfingstkirchlich geprägte, christliche Zeitung „Dagen“ veröffentlicht einen Gastbeitrag des Generalsekretärs der Schwedischen Evangelischen Allianz, Stefan Gustavsson, der daran erinnert, dass die Reformation keineswegs vorbei sei, und Dogmen der katholischen Kirche, wie etwa die Unfehlbarkeit des Papstes oder die Himmelfahrt Mariens neuen Streit zwischen den Kirchen verursacht hätten. Zugleich veröffentlichte die Zeitung einen offenen Brief des ehemaligen Bischofs von Visby auf Gotland, Björn Fjärstedt, und dreier lutherischer Pfarrer, in dem die Geistlichen die Rolle des Bischofs von Rom als sammelnde Gestalt der weltweiten Christenheit anerkennen. Seine Stellung entspreche der von Petrus im Apostelkollegium.

Die in Malmö erscheinende Tageszeitung „Sydsvenskan“ thematisiert das Treffen zwischen Schwedens König Carl XVI. Gustaf und dem Papst. Sie erinnert daran, dass die schwedische Thronfolgeordnung den König auf das Augsburger Bekenntnis von 1530 festlegt. Die Zeitung nutzt dies dazu, ihren Lesern die wesentlichen Bestandteile der Confessio Augustana zu erklären.

Franziskus als „progressiver Papst“: Hoffnung auf Reformen

Einen Tag vor der Papstreise nach Lund hatten am Wochenende bereits zahlreiche Medien das Treffen von Franziskus mit Spitzenvertretern des Lutherischen Weltbunds (LWB) anlässlich des ökumenischen Reformationsgedenkens thematisiert. Im „Svenska Dagbladet“ hieß es am Sonntag in einem Meinungsbeitrag, der Papst wecke ein Verlangen nach moralischer Führung. Franziskus sei weder ein „linksradikaler Punkpapst“ noch ein unbeflecktes Vorbild. Aber er erinnere die Welt daran, dass es moralische Führungspersönlichkeiten brauche, die auf größere Dinge als nur den eigenen Gewinn achteten.

Die in Schweden einflussreiche Tageszeitung „Dagens Nyheter“ druckte am Sonntag ein Papst-Interview, das der Chefredakteur der schwedischen Jesuitenzeitschrift „Signum“, Ulf Jonsson, im Vatikan geführt hatte. Der Text ist mit Bildern aus der Privatwohnung des Papstes illustriert. Franziskus dämpft darin Erwartungen, mit dem Reformationsgedenken könnten konkrete Schritte einer weiteren theologischen Annäherung verbunden sein.

Ähnlich wie viele weitere Zeitungen berichtete „Dagens Nyheter“ zudem über die Freundschaft des Papstes zum schwedischen lutherischen Pastor Anders Ruuth und die Kontakte des katholischen Kirchenoberhaupts zur Erzbischöfin der Lutherischen Kirche Schwedens, der aus Deutschland stammenden Antje Jackelen.

Im Leitartikel des in Malmö erscheinenden „Sydsvenskan“ vom Sonntag heißt es, vor dem Besuch des Papstes lägen 50 Jahre ökumenischer Vorbereitungen zwischen Lutheranern und Katholiken. Franziskus wird als „ungewöhnlich progressiver Papst“ beschrieben, dessen Äußerungen Erwartungen von Veränderungen in der „konservativen katholischen Kirche“ weckten. Doch obwohl der Papst etwa Flüchtlinge auf Lampedusa besucht habe und auf Limousinen verzichte, habe er bislang keine wirklichen Reformen gewagt. „Was den Blick der Kirche auf die Sexualität, die Ehe und auf Verhütungsmittel betrifft, ist leider nichts passiert.“

Zudem beschäftigt sich die Zeitung mit einer Geschichte aus der Vergangenheit Malmös: Gegen die Stadt wurde in den 1480er Jahren von Papst Innozenz VII. und erneut 1493 von Papst Alexander VI. wegen eines Streits der Kirchenbann verhängt. Da Malmö im 16. Jahrhundert lutherisch wurde, geriet diese Episode in Vergessenheit. Die Zeitung stellt die Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, den Kirchenbann aufzuheben.

(kna/kap 31.10.2016 pr)








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