2016-10-31 13:28:00

Historisch: Ökumenischer Gottesdienst in Lund


Vor genau 499 Jahren hat der Mönch Martin Luther in Wittenberg 95 Thesen veröffentlicht, die den Stein der Reformation ins Rollen brachten. Das Gedenkjahr zu 500 Jahren Reformation startete an diesem Montag mit einem ökumenischen Gottesdienst im schwedischen Lund - da, wo der Lutherische Weltbund seit 1947 seinen Sitz hat. Historische Premiere: Der Papst war dabei. Motto seiner Reise ins Innere der Ökumene: „Vom Konflikt zur Gemeinschaft – Gemeinsam in der Hoffnung“. Dieses Motto ist auch der Titel eines gemeinsamen Textes von Katholiken und Lutheranern, der eine einheitliche Perspektive auf die Reformation bietet.

„Laudate Dominum“, „Lobet den Herrn, alle Völker“: Mit einem Psalmgesang begann der außergewöhnliche Gottesdienst in der mittelalterlichen Kathedrale. Franziskus zog zusammen mit der lutherischen Erzbischöfin Antje Jackelén, dem katholischen Stockholmer Bischof Anders Arborelius und den Spitzenvertretern des Lutherischen Weltbunds in das Gotteshaus ein. Das Event wurde live auf der Homepage des Weltbundes übertragen.

„Mehr als fünfzig Jahre lang waren Lutheraner und Katholiken auf einem Weg vom Konflikt zur Gemeinschaft“, sagte eingangs der lutherische Bischof Munib Younan, ein Palästinenser; er steht seit sechs Jahren an der Spitze des Weltbundes mit seinen 145 Mitgliedskirchen und –gemeinschaften. „Mit Freude können wir heute feststellen, dass das, was uns eint, viel mehr ist als das, was uns trennt. Unser gegenseitiges Verständnis und Vertrauen sind gewachsen.“

„Jesus, heile unsere Erinnerungen!“

„Wir kommen aus verschiedenen Denkrichtungen und mit den unterschiedlichsten Gefühlen“, nahm Kardinal Kurt Koch den Ball auf. Der Schweizer leitet den Ökumenerat des Vatikans. „Dank und Klage, Freude und Reue“, all das spiele beim Rückblick auf die letzten 500 Jahre eine Rolle.

„Wenn ein Glied leidet, dann leiden alle anderen mit“, zitierte schließlich Martin Junge, der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, den heiligen Paulus. Lutherische Christen wollten sich an die Geschehnisse vor 500 Jahren „nicht ohne die Beteiligung ihrer katholischen Geschwister erinnern“.

„Jesus Christus, Herr der Kirche, heile unsere Erinnerungen!“, betete schließlich der Papst. „Hilf uns, die Gaben anzuerkennen, die die Reformation der Kirche gebracht hat, aber auch Reue zu fühlen über die Mauern, die wir gegeneinander hochgezogen haben, und führe uns zu gemeinsamem Zeugnis und Dienst für die Welt!“

Das Papstgebet gab den Ton für den Gottesdienst vor. Er hatte drei Teile: Dank, Reue, Verpflichtung zum gemeinsamen Engagement. Dank wurde laut für die „vielen theologischen und spirituellen Einsichten, die uns die Reformation geschenkt hat“ – eine Formulierung von Bischof Younan. Die gemeinsame Reue wiederum bezog sich darauf, dass „sich Lutheraner und Katholiken oft mehr auf das Trennende als auf das ihnen Gemeinsame konzentriert haben“ – eine Formulierung von Kardinal Koch. Und genau an diesem Punkt setzten auch die fünf Punkte ein, auf die sich Katholiken und Lutheraner künftig verpflichten wollen. „Wir wollen künftig alles aus der Perspektive der Einheit und nicht der Spaltung betrachten“, so lautet das erste der Versprechen, die in der Kathedrale verlesen wurden.

„Das ist ein Tag großer Verheißung“

 „Nehmen wir uns mal einen Moment Zeit, um uns umzusehen“, sagte die lutherische Erzbischöfin Jackelén in einer kurzen Ansprache. „Sehen wir uns an und grüßen unsere Nachbarn – das ist ein Tag großer Verheißung... Wir feiern die großen Verheißungen des christlichen Glaubens: Reue befreit, das Destruktive kann überwunden werden, Heilung ist möglich, Gerechtigkeit geschieht, Friede wächst und Hoffnung überwiegt!“ In freier Rede sprach die Erzbischöfin, als einzige in Lund, auch das heikle Thema Interkommunion an. Die volle eucharistische Gemeinschaft sei das Ziel der ökumenischen Bemühungen, sagte sie. Doch auch ein gemeinsames Dokument, das Younan und der Papst unterzeichneten, sprach sich für verstärktes Nachdenken über Wege zur gemeinsamen Kommunion aus.

Die Teilnehmer am historischen Gottesdienst von Lund beteten zusammen das Apostolische Glaubensbekenntnis und das Vaterunser. Gesungen wurde immer wieder mal auf spanisch – nicht nur, um dem Papst aus Lateinamerika eine Freude zu machen. Sondern auch, weil Martin Junge, der Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes, aus Chile kommt. Junge zitierte einen lateinamerikanischen Denker mit den Worten: „Die Geschichte ist eine Prophetin, die zurückschaut; wegen und trotz des Vergangenen kündigt sie das Kommende an.“ Die Christen sollten sich auf ihrem weiteren Weg stärker an ihre gemeinsame Taufe erinnern; deren „befreiende Kraft“ führe die Christen zusammen.

(rv 31.10.2016 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.