2016-10-27 10:22:00

Venezuela: Bischofskonferenz warnt Maduro


Hunderttausende von Menschen haben am Mittwoch in Caracas und anderen Städten Venezuelas gegen die Regierung von Präsident Nicolás Maduro demonstriert. In der Hauptstadt blockierten sie unter Slogans wie „Demokratie ja, Diktatur nein!“ die wichtigste Straße; Polizisten gingen vielerorts gegen die Protestierenden vor. Ein Polizist kam ums Leben, mindestens 140 Menschen wurden festgenommen.

Die Proteste richteten sich vor allem dagegen, dass das Regime mit allen möglichen Tricks das Zustandekommen eines Referendums verhindert. Mit dem Referendum will die Opposition, die im Abgeordnetenhaus die Mehrheit hat, Präsident Maduro abberufen und Neuwahlen herbeiführen.

„Natürlich weiß keiner sicher, was jetzt weiter passieren wird; das Volk erlebt einen Moment der Unsicherheit“, sagte der Vorsitzende der venezolanischen Bischofskoferenz, Diego Padrón, im Interview mit Radio Caracol am Mittwoch. „Rational gesehen kann man davon ausgehen, dass das Volk auch gegenüber der Regierung seinen Willen durchsetzen wird!“

Venezuela steckt in einer tiefen politischen und sozialen Krise, die immer weiter eskaliert. Für Freitag ist ein Generalstreik angekündigt; das Regime droht damit, das Militär in die Unternehmen zu schicken, die sich am Streik beteiligen. „Die einzige mögliche und professionelle Antwort (des Militärs) ist die Verteidigung des Rechts, der Verfassung und der Rechte des Volkes“, sagt Erzbischof Padrón dazu. „Und den Frieden zu bewahren. Die Streitkräfte können in dieser Lage nicht parteiisch auftreten, sie müssen die Bürger verteidigen und die Verfassung!“

Aufgepeitschte Stimmung in Caracas: Das von der Opposition dominierte Abgeordnetenhaus hat am Dienstag gefordert, Maduro vor Gericht zu stellen, und ihn beschuldigt, einen Putsch zu planen. Doch anders als etwa in Brasilien, wo Präsidentin Dilma Rousseff im August tatsächlich abgesetzt wurde, kann Venezuelas Nationalversammlung den Präsidenten nicht aus dem Amt jagen. Der Vatikan und mehrere südamerikanische Regierungen wollen am Sonntag auf der Insel Margarita Gespräche zwischen Regime und Opposition anschieben, doch kaum würde auf einen Erfolg wetten, denn frühere Dialogversuche sind regelmäßig gescheitert.

Erzbischof: Das Referendum ist ein Verfassungsrecht

„Keiner weiß, was passieren wird, und gerade deshalb setzen wir im Moment auf einen Dialog. Im Moment wird zuerst einmal untersucht, ob wirklich beide Seiten den ehrlichen Wunsch haben, in einen echten Dialog einzutreten. Dialog heißt auch, sich auf Veränderungen einzulassen! Die Kirche beteiligt sich im Moment an einer einfachen Vor-Untersuchung.“

Maduro hat sich am Montagabend im Vatikan mit dem Papst getroffen; eine nicht angekündigte Begegnung im Zeichen der venezolanischen Krise. Oppositionelle sagen, der Präsident versuche Franziskus auf seine Seite zu ziehen. Doch Erzbischof Padrón winkt ab: „Dazu will ich mich nicht äußern, denn das war eine private Unterredung. Keiner weiß wirklich, worüber die beiden gesprochen haben. Ich werde mich nicht zu etwas äußern, über das ich nichts weiß.“

Gefährlich an der Lage in Venezuela ist, dass die Opposition kaum noch legale Möglichkeiten hat, gegen Maduro und sein Regime vorzugehen. Einige malen deshalb schon das Gespenst des Bürgerkriegs an die Wand. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz hingegen warnt davor, sich auf die Abwärtsspirale einzulassen. „Ganz im Gegenteil: Ich hoffe für das venezolanische Volk, dass das Beste passiert, nämlich dass sich Regierung und Opposition an einen Tisch setzen. Das wäre im Interesse der Venezolaner. Ich bin sicher, dass beide Seiten auch einige Interessen gemeinsam haben, so dass sie Lösungen für die Probleme finden können.“

Über eines allerdings sollte zwischen Regierung und Opposition keinesfalls verhandelt werden, findet der Erzbischof: das Referendum nämlich. „Das Referendum ist erlaubt, es ist genehmigt, über das Referendum braucht man nicht zu diskutieren! Es ist ein Verfassungsrecht!“ Allerdings ist der Referendums-Zug jetzt erst einmal zum Halten gebracht worden – unter dem Vorwand, ein Teil der von der Opposition eingeholten Unterschriften sei nicht gültig. „Ja, aber das ist ein Missbrauch“, sagt Padrón zu diesem Einwand. „Und solcher Missbrauch verstößt gegen die Verfassung... Das Referendum ist ein Verfassungsrecht, das Volk verlangt danach, das Volk braucht es. So wie das Volk die Regierungsverantwortlichen wählt, hat es auch das Recht, sie wieder abzuberufen, wenn sie ihr Amt nicht in der Weise ausüben, wie sie für das Volk nötig ist. Das Recht auf ein Referendum zu verweigern bedeutet, das Wahlrecht selbst zu verweigern! Und darum ist das nicht hinnehmbar.“

(rv 27.10.2016 sk)

 








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