2016-10-21 12:41:00

Papst: Berufung - das passiert nicht durch eine Konferenz


„Ich habe immer ein wenig Angst davor, einige Ausdrücke unseres Kirchenjargons zu benutzen“: ein Bekenntnis, das bei Papst Franziskus nicht überrascht. Bei einer Audienz für rund 255 Teilnehmer eines internationalen Kongresses über Berufungspastoral an diesem Freitag buchstabierte Franziskus das etwas sperrige Wort ‚Berufung’ zunächst einmal aus: „,Berufungspastoral‘ – das lässt an einen der vielen kirchlichen Bereiche denken, an ein Kurienbüro oder vielleicht ein Projekt in Arbeit. Ich sage ja nicht, das wäre nicht wichtig, aber es geht um mehr: Berufungspastoral ist eine Begegnung mit dem Herrn!“

Ja, und was wäre hier wohl glaubwürdiger als die Geschichte einer Berufung? Papst Franziskus kam prompt auf seine eigene zu sprechen: „Die passierte nicht nach eine Konferenz oder durch eine schöne Theorie, sondern durch die Erfahrung des barmherzigen Blickes Jesu auf mich. Es ist also schön, dass ihr hier seid, aus allen Erdteilen, um über das Thema nachzudenken, aber bitte - das alles darf nicht mit einem Kongress enden! Berufungspastoral bedeutet, den Stil Jesu zu lernen, der zu alltäglichen Orten geht, ohne Eile verweilt und die Geschwister mit Barmherzigkeit zur Begegnung mit dem Gottvater führt“.

Jorge Mario Bergoglios eigene Berufung

„Aus Barmherzigkeit erwählt“ – das von Jorge Mario Bergoglio gewählte Bischofs- und Papstmotto ist Titel des Kongresses über Berufungspastoral der vatikanischen Kleruskongregation, dessen krönender Abschluss die Papstaudienz an diesem Freitag war. Hinausgehen, sehen, rufen – das hat Jesus getan, schärfte der Papst seinen Zuhörern ein, nachzulesen sei das im Evangelium.

Erstens: Hinausgehen! Hier kam der Papst direkt auf einen seiner Lieblingsmodi für die Kirche zu sprechen: „Die Berufungspastoral braucht eine Kirche in Bewegung, die ihre eigenen Grenzen erweitern kann, die sie nicht an der Begrenztheit menschlicher Rechenübungen oder der Angst vor dem Scheitern misst, sondern an der breiten Skala göttlicher Barmherzigkeit.“

Durch bequemes Verweilen im Altbekannten werde es keine „fruchtbare Saat“ neuer Berufungen geben, prophezeite der Papst, Ziele und Methoden der Berufungspastoral müssten „mutig und kreativ“ überdacht werden: „Wir müssen lernen, uns aus unserer Erstarrung zu lösen, die es uns unmöglich macht, die Freude des Evangeliums zu kommunizieren, aus den standardisierten Formen, die oftmals anachronistisch erscheinen, aus den vorgefertigten Analysen, die das Leben der Menschen in kalte Schablonen verpacken.“

Die Freude des Evangeliums kommunizieren

Der Papst wandte sich hier insbesondere an Bischöfe und Priester, die „Hauptverantwortlichen“ der Berufungspastoral. In Erinnerung an die eigene Berufung sollten sie junge Menschen auf ihrem persönlichen Weg der Berufung authentisch begleiten und sollten „Hirten inmitten des Volkes“ sein. Ein Priester, der sich in der Sakristei einschließe, sei „traurig“, so der Papst wörtlich.

Zweitens: Sehen! Franziskus warnte hier vor pastoraler Blindheit und unnützem Aktivismus. Hektik und Reizüberflutung des modernen Lebens verstellten oftmals den Blick für das Wesentliche, so der Papst, Priester und pastorale Mitarbeiter dürften sich nicht in einem „leeren Organisationsdrang“ verzetteln, der das Herz der Pastoral ausblende. Der Stil Jesu sei ein anderer, so Franziskus: „Wenn Jesus über die Straßen läuft, hält er an und sieht die Menschen an, ohne Eile. Das ist es, was seinen Ruf attraktiv und anziehend macht.“ Die Hirten der Kirche bräuchten diese Ruhe und Sensibilität, die Fähigkeit, „in das Leben des Nächsten einzutreten, ohne ihm je zu drohen oder ihn zu verurteilen“. Der Papst rief in diesem Kontext auch dazu auf, auf eine sorgfältige Auswahl von Priesteramtskandidaten zu achten, Bischöfe sollten hier „Wachsamkeit“ und „Besonnenheit“ an den Tag legen.

Wider die Hektik und die Reizüberflutung

Drittens: Rufen, der Kern des Themas Berufungspastoral. Jesus verliere hier nicht viele Worte, er sage ,Folge mir‘, wolle Menschen in Bewegung setzen, sie auch dazu animieren, die Illusion vermeintlicher Sicherheiten im Hier und Jetzt hinter sich zu lassen.

Andererseits habe Jesus gerade auch an den „Ufern der Existenz“ gefischt, formulierte Franziskus, und auf Impulse von Menschen geantwortet, die auf der Suche seien, fuhr er fort: „Diese Sehnsucht des Suchens finden wir häufig bei jungen Menschen. Sie ist der Schatz, den der Herr in unsere Hände legt, den wir pflegen, anbauen und zum Keimen bringen müssen. (…) Statt den Glauben auf ein Rezeptbuch oder Regelwerk zu reduzieren, können wir den jungen Leuten helfen, sich die richtigen Fragen zu stellen, sich auf den Weg zu machen und die Freude des Evangeliums zu entdecken.“

Leicht sei diese Aufgabe nicht, gab der Papst wohl mit Blick auf den Priestermangel und die kränkelnden Berufungen in vielen europäischen Ländern zu: Trotz vollen Einsatzes gehe die Rechnung manchmal eben nicht auf. Jammern helfe hier aber nicht, erinnerte er, nur das Rausgehen, Sehen und Rufen.

(rv 21.10.2016 pr)








All the contents on this site are copyrighted ©.