2016-10-02 07:59:00

Aserbaidschan: Nicht das nächstgelegene Ziel für einen Papst


Ein denkwürdiger europäischer Song-Contest vor vier Jahren, viel Öl, nicht ganz so viel Demokratie, eine ruhige religiöse Gemengelage und insgesamt 560 römisch-katholische Christen im ganzen Land: Aserbaidschan im Kaukasus ist nicht das nächstliegende Ziel für einen Papst. Franziskus ist der zweite, der dorthin reist, vor ihm stattete Johannes Paul II. der postsowjetischen Republik 2002 einen Besuch ab. Aserbaidschan greift dem Vatikan im Übrigen finanziell bei der Restaurierung römischer Katakomben und wertvoller Handschriften unter die Arme.

Vorherrschende Religion in Aserbaidschan ist der Islam, wobei während der Sowjetherrschaft viel Religiosität zerstört wurde. Nach dem Ende der Sowjetherrschaft kam es zu einer sachten Wiederbelebung des religiösen Lebens. Heute bezeichnet sich jeder zehnte Muslim im Land als regelmäßig praktizierend. 2003 eröffnete eine Synagoge in Baku. Knapp vier Prozent der Bevölkerung sind Christen, die meisten von ihnen wiederum orthodox.

Die römisch-katholische Kirche in Aserbaidschan ist heute eine sehr junge Missionskirche, noch keine 20 Jahre alt. Die Apostolische Präfektur – eine Art Vorstufe zum Bistum – umfasst das gesamte Land, nach vatikanischen Angaben leben in Aserbaidschan 560 römisch-katholische Christen. In der Hauptstadt Baku liegt die einzige Pfarrei des Landes. Personell ist die winzige Ortskirche vergleichsweise großzügig ausgestattet: In Aserbaidschan dienen sieben Ordenspriester (davon ein Erzbischof), zehn Ordensbrüder, fünf Ordensschwestern und ein einheimischer Seminarist, der die Ausbildung zum Diakon durchläuft.

Die Apostolische Präfektur ist der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos anvertraut. Präfekt ist der slowakische Erzbischof Vladimir Fekete, der Salesianer stammt aus der Slowakei. Er war bereits an Bord des Flugzeugs, das den Papst von Tiflis nach Baku brachte, und begleitet Papst Franziskus während seiner Begegnungen in Aserbaidschan.

Baku wurde 1991 Hauptstadt der von Russland unabhängig gewordenen Kaukasusrepublik. Von dort schrieb wenig später eine Handvoll katholischer Gläubiger, die sich im Zug der wieder erstehenden kleinen Gemeinde formierten, einen Brief nach Rom mit der Bitte, einen Priester nach Baku zu schicken. Tatsächlich siedelte sich im Heiligen Jahr 2000 eine Gemeinschaft Salesianer Don Boscos in der Metropole am Kaspischen Meer an.

Um die winzige Gemeinde zu bestärken, machte Papst Johannes Paul II. im Mai 2002 einen Abstecher nach Baku. Danach stellte der Staatspräsident der katholischen Kirche ein Grundstück zur Verfügung. Die darauf errichtete Kirche der Unbefleckten Empfängnis wurde im Februar 2007 feierlich eingeweiht; dazu reiste aus dem Vatikan der damalige Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone nach Baku, ein Salesianer Don Boscos. In dieser Kirche wird Papst Franziskus die Messe feiern und danach im angrenzenden Salesianer-Zentrum mit den Priestern das Mittagessen einnehmen.

Als Nuntius in Aserbaidschan wirkt der polnische Erzbischof Marek Solczynski, der den Heiligen Stuhl auch in Georgien und Armenien vertritt. die diplomatischen Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Heiligem Stuhl datieren von 1992.

Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev ist bereits seit 13 Jahren im Amt. Er folgte 2003 auf seinen Vater, Heydar Aliyev. Per Referendum hat Aliyev jüngst Verfassungsänderungen durchgesetzt, die die Macht des Präsidenten stärken. Unter anderem wird die Amtszeit von fünf auf sieben Jahre verlängert. Im März 2015 machte Aliyev mit seiner Ehefrau Mehriban Papst Franziskus im Vatikan seine Aufwartung. In Aserbaidschan leben Angehörige aller Religionen im Frieden miteinander, hieß es im Anschluss würdigend in einem Kommunique. 

In den vergangenen Jahren haben sich zwischen Heiligem Stuhl und Aserbaidschan auch kulturelle Bande entwickelt. Die Frau des Präsidenten, Mehriban Aliyeva, unterzeichnete 2012 und 2016 in Rom Vereinbarungen mit dem Päpstlichen Kulturrat über finanzielle Hilfe für die Restaurierung der Katakomben der Heiligen Marcellinus und Petrus und des archäologischen Komplexes der Kirche  Sankt Sebastian vor den Mauern. In der Apostolischen Bibliothek sponserte die Stiftung der Präsidentin die Restaurierung wertvoller aserbaidschanischer Handschriften, in den Vatikanischen Museen die Restaurierung einer Monumentalstatue des antiken Gottes Jupiter. Präsident des Kulturrates ist Kardinal Gianfranco Ravasi, der selbst mehrmals Aserbaidschan besuchte.

(rv 01.10.2016 gs)








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