2016-09-19 15:52:00

Kasper in Assisi: Barmherzigkeit, Gebet und Freundschaft


Der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper nimmt am Weltgebetstreffen in Assisi teil. Mit Radio Vatikan sprach der ehemalige Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen über seine Erwartungen an die Begegnungen, den Beitrag von Papst Franziskus zum „Geist von Assisi“ und die Notwendigkeit, einen Synkretismus der Religionen zu vermeiden.

„Meine Erwartungen sind, dass das in Erfüllung geht, was Johannes Paul II. schon beim ersten Friedenstreffen wollte – Assisi ist die Stadt des Friedens, die Stadt des Heiligen Franz von Assisi. Wir sind in einer neuen Weltlage mit viel Gewalt und andererseits viel Gleichgültigkeit. Die Antwort auf all diese Probleme ist Barmherzigkeit und Freundschaft. Dieser Aspekt ist ja das Besondere der Treffen von S. Egidio – dass Freundschaften entstehen, das ist die Grundlage des Ganzen. Zum anderen dann der Geist des Gebets unter den verschiedenen Religionen, dass alle Religionen sich auf ihren Friedensauftrag besinnen. Das muss in kleinen Gruppen beginnen und sich dann ausweiten in den Religionen selbst.“

RV: Vor 30 Jahren fand das erste Assisi-Treffen statt, 1986, schon damals und danach immer wieder tauchte der Vorwurf des Synkretismus auf. Gibt es Synkretismus und wenn nein, ist man nicht zu vorsichtig damit, dass wirklich alles räumlich getrennt ist, dass auf keinen Fall der Eindruck des gemeinsamen Betens der Religionen aufkommt?

„Synkretismus ist, die Religion zu vermischen, und das will kein vernünftiger Mensch hier machen. Die Religionen sind unterschiedlich, abe1r sie haben eine gemeinsame Basis. Der gemeinsame Respekt vor Gott oder dem Göttlichen, je nachdem. Und eine gewisse Sehnsucht oder Verlässlichkeit auf die Transzendenz. Insofern gibt es eine gemeinsame Basis, und in der heutigen Lage müssen die Religionen zusammenstehen für den Frieden, für das Verstehen und für die gegenseitige Achtung der Menschen.“

RV: Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere, das Papst Franziskus zu diesem Geist von Assisi beiträgt?

„Franziskus bringt immer die Erfahrung der südlichen Hemisphäre. Heute ist nicht mehr alles eurozentrisch, die Musik spielt weitgehend in der südlichen Hemisphäre, und dort gibt es eine große Erfahrung im Zusammenleben der Kulturen, das kann man in Lateinamerika auf Schritt und Tritt erfahren, und eine große Offenheit von dorther für Unterschiede und Respekt, und für die Unterschiede und das Anderssein des Anderen. Das ist das Wesentliche, was er bringt. Ober er bezüglich des gemeinsamen Gebetes einen neuen Schritt macht, weiß ich nicht. Er will sicher keinen Synkretismus der Religionen, sondern einen Dialog der Kulturen – und Dialog kann man nur führen, wenn man eine eigene Identität hat, und auf der anderen Seite, wenn eine gewisse gemeinsame Basis da ist. Das ist die Grundlage seines Agierens in den interreligiösen Fragen. Dass alle Religionen sich darauf besinnen, dass das Töten von Menschen jeder Religion widerspricht und die Religion selbst zerstört.“

(rv 19.09.2016 mg)








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