2016-09-16 10:21:00

UNHCR: Papstbotschaft der Solidarität ist fundamental


Wenige Tage vor dem zentralen UNO-Flüchtlingsgipfel in New York hat sich Papst Franziskus aus erster Hand über den Stand der Verhandlungen informieren lassen. Er empfing an diesem Donnerstag den UNO-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi in Audienz. Radio Vatikan bat ihn danach zum Interview.

„Natürlich war es für mich eine außergewöhnliche Gelegenheit, dem Papst zu sagen, wie unersetzlich seine Stimme im Kampf für unsere Sache ist, für die Sache von Millionen von Flüchtlingen, Vertriebenen, Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen. Heutzutage ist seine Botschaft der Solidarität fundamental. Man denke nur an seine Geste, nach Lesbos zu gehen und von dort Flüchtlinge mit nach Italien zu nehmen. Ich habe mich also bei ihm bedankt für diese Bestätigung und seinen Einsatz für die Flüchtlinge, auch seine Sorge um die Grenzschließungen und Ablehnungen, die fehlende Solidarität vieler Regierungen.“

Die UN-Vollversammlung will am kommenden Montag eine „New Yorker Erklärung“ mit einer Serie von Selbstverpflichtungen zum Schutz von Flüchtlingen und Migranten weltweit verabschieden. Der Italiener Grandi, der seit Januar im Amt ist, spielt dabei eine zentrale Rolle. Mit Blick auf den Gipfel, bei dem Regierungschefs die Fluchtbewegungen erstmals aus globaler Perspektive in den Blick nehmen wollten, seien er und der Papst sich einig gewesen:

„Wir waren uns einig, dass diese Diskussion sich nicht nur um Abschiebungen und Grenzkontrollen drehen darf, sondern das Problem an seiner Wurzel gelöst werden muss. Die fundamentalen Fragen sind hierbei – das sage ich und auch der Papst– die Armut und die Arbeit, der Papst hat oft gesagt, dass die Arbeit wichtig ist und den Menschen Würde und Selbstbestimmtheit verleiht, aber auch die Bildung ist wichtig und vor allem die Schaffung von Frieden an vielen Orten in Afrika und Nahost.“

Grandi lobte auch das im Vatikan neu gegründete „Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen“, dessen Abteilung für Flüchtlinge und Migranten der Papst persönlich übernahm. Das sei eine willkommene Ergänzung zur Arbeit des UNHCR, meint er.

„Das ist ein starkes und wichtiges Signal, über das wir uns sehr freuen. Ich vertrete eine Institution der Vereinten Nationen, wir haben auch juristische, institutionelle, politische und operative Aufgaben, der Papst wiederum betrachtet dieses Problem aus moralischer Sicht, was sehr wichtig ist.“

In einem neuen Bericht nimmt der UNHCR vor allem mangelnde Bildungsmöglichkeiten für Flüchtlingskinder in den Blick. Von 6 Millionen vom UNHCR registrierten Flüchtlingskindern im Schulalter haben demnach 3,7 Millionen keine Möglichkeit, eine Schule zu besuchen.

„Von allen Flüchtlingskindern besuchen gerade einmal 50 Prozent eine Grundschule, 22 Prozent eine weiterführende Schule und gerade einmal ein Prozent schafft es auf die Universität. Das ist schlimm. Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung und braucht Erziehung, mehr denn je müssen die Kinder, die schon im Exil leben und bereits entwurzelt wurden, die Festigung durch Bildung erfahren, um sich eine Persönlichkeit aufzubauen und sich auf eine Zukunft vorzubereiten, in der ihr Flüchtlingsdasein auch einmal endet, sei es, weil sie zurück nach Hause können, sei es weil sie woanders aufgenommen wurden. Kinder im Exil sind aus sozialer und wirtschaftlicher Sicht am gefährdetsten. Deshalb sind zwar Gesundheit, Ernährung und ein sicheres Zuhause wichtig, ich sage nicht, dass diese Dinge ihnen nicht zur Verfügung gestellt werden sollten, aber sie dürfen nicht auf Kosten der Bildung gehen, die eine Notwendigkeit von vorrangiger, dringender Bedeutung ist.“

Die Wurzel des Problems sei in erster Linie Krieg: Von mindestens zwölf Konflikten, zwölf Kriegen in der Region in Afrika, Nahost bis nach Afghanistan spricht der UNHCR-Chef. Manche seien alt, so wie der Konflikt in Afghanistan, andere jünger wie in der Zentralafrikanischen Republik oder dem Südsudan. Gerade ist Grandi aus dieser Region zurückgekehrt:

„Das sind vergessene Krisen, wir haben leider sehr wenige Ressourcen dafür, und das Hauptgewicht tragen die Nachbarländer. Wir sprechen viel von der Krise in Europa, aber vergessen wir nicht, dass 90 Prozent der Flüchtlinge von außerhalb Europas kommen, aus Ländern mit weniger finanziellen Ressourcen.“

 

(rv 16.09.2016 cz)








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