2016-08-06 11:59:00

Irak: Zwei Jahre nach der Vertreibung – Appell an Muslime


Es sind genau zwei Jahre vergangen, seit der so genannte Islamische Staat (IS) die Christen aus der irakischen Ninive-Ebene vertrieben hatte. Die Flucht aus Mossul dauerte vom 10. bis 17. Juni 2014 und aus den benachbarten Ortschaften im Ninive-Tal vom 6. bis 7. August 2014. Über 100.000 Menschen waren damals davon betroffen.

Es sei die Zeit gekommen, den Irak zu befreien, so der chaldäische Patriarch Louis Sako im Gespräch mit Radio Vatikan. „Es ist eine sehr komplizierte Situation des Abwartens. Einige haben die Hoffnung auf Rückkehr verloren, weil sie seit zwei Jahren von Befreiung hören aber bisher geschah diesbezüglich gar nichts“, erläutert Patriarch Sako. Die meisten vertriebenen Christen aus der Ninive-Ebene leben mittlerweile im kurdischen Erbil. Viele seien aber mittlerweile weiter gezogen nach Jordanien, Libanon oder in die Türkei, so Sako.

Im Gegensatz zu seinen bisherigen Appellen richtet er diesmal nicht nur den Christen im Westen einen Aufruf, vor allem die muslimischen Iraker seien jetzt in der Pflicht, so der chaldäische Patriarch: „Die Lösung besteht darin, einen Mentalitätswechsel herbeizuführen, der auch die Kultur betrifft. Der gesamte Islam muss eine neue Lektüre des Korans durchmachen und es bedarf einer klaren Trennung zwischen Religion und Staat. Dieses Land ist für alle da, jeder ist Bürger dieses Staates und die Religionszugehörigkeit ist etwas Persönliches.“

Vorbild Jacques Hamel

Ein Vorbild sei der von Islamisten getötete Pfarrer von Rouen: Jacques Hamel hatte in seiner Pfarrei ein Stück Land für den Bau einer Moschee zur Verfügung gestellt, erinnert Sako. „Ähnliche Gesten wären auch auf islamischer Seite bei uns wünschenswert“, fügt er an.

Die Hoffnung auf eine Rückkehr steige, „vor allem seitdem die irakische Armee die Städte Ramadi und Falludscha zurückerobert hat“, so Sako. „Damit ihre Heimkehr bald ermöglicht wird, richte ich einen dringenden Appell an die Staatengemeinschaft, den Prozess der Befreiung Mossuls sowie der christlichen Städtchen in der Ninive-Ebene mit allen Kräften rasch voranzutreiben.“

Internationale Schutztruppe erwünscht, aber…

Eine internationale Schutztruppe sollte danach für Ruhe und Sicherheit sorgen. Doch da liege das Problem: die irakischen Nachbarländer verfolgen eigene politische Ziele, die die Schaffung einer international einheitlichen Linie derzeit verhindere. So kritisierte der irakische Verteidigungsminister Khaled al-Obaidi die Präsenz der türkischen Armee und würdigte hingegen die Hilfe des Nachbarlandes Iran. „Die Präsenz türkischer Truppen in Mossul verhindert die Befreiung der gesamten Provinz von Ninive. Das ist eine Tatsache. Wenn unser Regierungschef vor einem weitaus größeren Krieg als jener gegen den IS vorwarnt, dann stützt er sich auf klare Informationen. Denn wenn die türkischen Truppen in Mossul oder in der Ninive-Provinz eingreifen, dann entfacht dies in jener Region ein neuer Krieg. Ich teile diese Auffassung unseres Regierungschefs.“ Die türkische Seite wiederum hält an ihrer Präsenz in Mossul fest, da es aus ihrer Sicht der Beste Schutz gegen die weitere Ausbreitung des IS sei.

(rv 06.08.2016 mg)








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