2016-07-25 12:45:00

Ägypten: Nehmen die religiösen Spannungen zu?


 

Aus Ägypten werden in den vergangenen Tagen und Wochen wieder einmal besorgniserregende Nachrichten gemeldet: Die Gewalt gegen religiöse Minderheiten, insbesondere gegenüber Christen, steige deutlich an. Das berichtet die Organisation „Christian Solidarity Worldwide“. Oft fänden die gewalttätigen Übergriffe in den ländlichen Regionen, gerade von Oberägypten, statt. Angebliche Gründe für die Aggressionen gibt es viele, berichtet „Christian Solidarity Worldwide": Mal sei der Auslöser ein Gerücht über einen geplanten Bau einer Kirche, mal gehe es um angebliche Liebesbeziehungen christlicher Männer mit muslimischen Frauen.

Ob sich das Verhältnis von Muslimen und Christen generell verschlechtert, ist aber durchaus umstritten. „Ich kann das überhaupt nicht bestätigen", sagt Margret Ruep. Sie hat ihren Lebensmittelpunkt in Ägypten und gehört der Kommission „Erziehung und Schule" der Deutschen Bischofskonferenz an. In Ägypten unterstützt und berät die ehemalige stellvertretende baden-württembergische Kultusministerin eine Schule, die christliche und muslimische Kinder gleichermaßen besuchen. „Es gibt absolut keine Erkenntnisse oder Anzeichen, dass es hier irgendwelche Probleme gibt. Im Gegenteil: Die muslimischen Schüler feiern Weihnachten oder christliche Feiertage. Das gibt es keinerlei Vorbehalte."

Margret Ruep schließt nicht aus, dass es einzelne Fälle gibt, in denen Christen durch Muslime zu Schaden kommen. Sie glaubt aber nicht, dass dies ein flächendeckendes, generelles Problem ist. „Ich erlebe dort ein so gutes Miteinander und habe auch immer wieder nachgefragt, weil mich das natürlich auch interessiert. Ich kann nicht erkennen, dass es hier Übergriffe gibt. Wobei ich sagen muss, der ägyptische Staat, die ägyptische Regierung vor allem, ist sehr interessiert an einem guten Einvernehmen und daran, dass Fanatiker, von welcher Seite auch immer, nicht das Sagen haben."

Tatsächlich ruft Präsident Abdul Fattah al-Sisi immer wieder zur Einheit aller Ägypter auf. Und gerade Christen fühlen sich durch diese Äußerungen bestärkt. Die gesellschaftliche Realität sehe jedoch oft anders aus, sagte „Christian Solidarity Worldwide“ gegenüber Radio Vatikan. Die Menschenrechtsorganisation fordert ein Ende der so genannten Versöhnungsfeiern, bei denen Dorfälteste und religiöse Führer Strafen verhängten. Dort geschehe viel Unrecht, und die Bestrafungen fänden gänzlich außerhalb des ägyptischen Rechtssystems statt. „Man behauptet, die Versöhnungsfeiern würden Spannungen reduzieren, tatsächlich heizen sie sie aber an“, sagte ein Sprecher von „Christian Solidarity Worldwide. Es sei dringend erforderlich, dass sowohl weltliche als auch religiöse Führer weiter zur Einigung und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in Ägypten aufrufen.

 

(rv 25.07.2016 mch)








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