2016-06-29 12:54:00

Brexit: Böses Erwachen in England


Schockstarre in England, selbst bei Brexit-Befürwortern: Das beobachtet Stephan Arnold in London wenige Tage nach dem schicksalsträchtigen Referendum in Großbritannien. Er ist in der Hauptstadt Diakon der deutschen Gemeinde St. Bonifatius, und einige seine Gemeindemitgliedern konnten ebenfalls wählen.

Wie bei vielen Briten ist auch in der deutschen Gemeinde das Entsetzen groß. Arnold hat auch eine Theorie, wie es überhaupt so weit kommen konnte. „Die EU wird hier ja gerne für alle Übel verantwortlich gemacht. Alles, was schlecht läuft, daran ist dann Brüssel schuld. Viele meinen auch, dass früher alles besser gewesen sei. Und es ist eine gewisse Fremdenfeindlichkeit zu spüren. Es gibt Ängste vor den Fremden, die da sind und kommen. Das alles zusammen hat wohl dazu geführt, dass die knappe Mehrheit für den Austritt gestimmt hat.“

Nach über vierzig Jahren ist Großbritannien das erste Land überhaupt, dass die Europäische Union verlassen will. Internet-Statistiken zeigen, dass viele Briten erst jetzt recherchieren, was ein Brexit für ihr Heimatland bedeutet. Das Ergebnis des Referendums scheint einer Mischung aus Unwissen und Protestwahl geschuldet zu sein. „Ja, bei einigen Brexit-Befürwortern findet gerade so eine Art Erwachen statt. Briten, die selbst für den Austritt gestimmt haben, sind nun erschrocken über das Ergebnis.“ 

Die Wahlbeteiligung lag bei 72,2 Prozent, zuvor hatten sich 46,5 Millionen Wähler für die Abstimmung registrieren lassen. Streng genommen war das Referendum nicht bindend, theoretisch könnte das Parlament sich also über das Ergebnis hinwegsetzen. „Da schlagen zwei Herzen in meiner Brust. Ja, die Bevölkerung wurde gefragt und hat sich entschieden. Aber ich frage mich: Kann man eigentlich über eine so komplexe Frage einfach mit Ja oder Nein abstimmen?“ Nun suchen einige in Großbritannien den Exit vom Brexit, und Schottland will erneut versuchen, unabhängig zu werden. Das Vereinigte Königreich ringt mit seiner Einheit, und Politiker suchen nach Schlupflöchern.

(domradio 29.06.2016 pdy) 








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