2016-06-22 13:57:00

Orthodoxes Konzil: Interne Antworten haben Vorrang


Das panorthodoxe Konzil auf der Insel Kreta muss zunächst einmal Antworten auf interne Streitpunkte finden. Das schreibt der Dominikaner Hyacinthe Destivelle vom päpstlichen Einheitsrat, der die Arbeiten des Konzils auf Kreta beobachtet. In der Vatikanzeitung ‚L’Osservatore Romano‘ von diesem Mittwoch nennt er als wichtigste Herausforderungen der Orthodoxie die Stichworte Diaspora, Ökumene und die Autonomie orthodoxer Landeskirchen.

„Natürlich könnten andere Probleme wie etwa Umwelt, Bioethik oder Säkularisierung dringender wirken“, so der Vatikanmann. Aber „die orthodoxe Kirche muss, wenn sie glaubwürdig sein will, zunächst einmal ihre internen Fragen klären“.

Die zum Konzil versammelten Kirchenführer hoffen laut Destivelle, dass die vier ferngebliebenen Landeskirchen „die Entscheidungen des Konzils hinterher durchlesen und doch noch unterzeichnen“. Erzbischof Chrysostomos von Zypern habe mit deutlichen Worten den kirchlichen Nationalismus verurteilt, den schon das Konzil von Konstantinopel 1872 gebrandmarkt habe: „Wir machen uns lächerlich“, so Chrysostomos, „wenn wir die Nation zum konstitutiven Element unserer Lehre von der Kirche und unserer kirchlichen Identität erklären.“

Melloni: Blockade gibt Bartholomaios größere Protagonistenrolle

Der italienische Historiker Alberto Melloni, ein Experte des (katholischen) Zweiten Vatikanischen Konzils, betont an diesem Mittwoch in der Tageszeitung „La Repubblica“, das Konzil auf Kreta lasse sich trotz der Abwesenheit mehrerer Landeskirchen durchaus als panorthodox betrachten. Schließlich habe auch beim Konzil von Ephesus im Jahr 431 Antiochien gefehlt. Dass auf Kreta keine russisch-orthodoxen Bischöfe vertreten seien, habe etwas durchaus Zweischneidiges: Dem Patriarchat von Moskau, dem eine zu große Protagonistenrolle des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. nicht recht sei, könne es doch „nicht entgehen, dass es Bartholomaios jetzt geradezu das Monopol des orthodoxen Universalismus überlassen hat“.

Melloni beobachtet auch, dass die Kirchenführer auf Kreta am ursprünglich vereinbarten Verfahren der Einstimmigkeit festhalten. „Doch diese Norm hat durch die Blockade von Antiochien, Georgien und Russland eine andere Bedeutung angenommen: Die Einstimmigkeit des tatsächlich zusammengetretenen Konzils entspricht nunmehr einer qualifizierten Mehrheit.“ Die abwesenden Kirchen gerieten dadurch in die Rolle von „Zaungästen“, die nur noch Beschlossenes absegnen oder auch ablehnen könnten; beides hätte nach Mellonis Einschätzung „kein großes Gewicht“.

(or/repubblica 22.06.2016 sk)








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