2016-06-14 14:09:00

Kinderschutz wird auch in nicht-westlicher Kirche besser


Der Schutz von Kindern vor Missbrauch in der katholischen Kirche wird auch in nicht-westlichen Kulturen besser. Das liegt vor allem an der Bildungsarbeit. So hat das Zentrum für Kinderschutz an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom den ersten 19 Absolventen eines eigens eingerichteten Diplomkurses an diesem Dienstag ihre Abschlussurkunden ausgehändigt. Die Studierenden des Kurses stammen aus Afrika, Asien, Amerika und Europa. „Vor allem dort, wo bisher wenig geschah, wollen wir, dass viel geschieht“, sagte der Leiter des Zentrums für Kinderschutz (Centre for Child Protection, CCP), Jesuitenpater Hans Zollner, in einer Präsentation anlässlich der Verleihung der Diplome. Es brauche in allen Teilen der Weltkirche Fachleute, „die helfen können, dass Präventionsmaßnahmen auf den Weg kommen, die Leute sensibilisieren können und die auch die ganze Bandbreite dessen einschätzen können, was damit verbunden ist. Denn es geht ja nicht nur um die Verhinderung von Missbrauch, sondern um das Ändern einer Kultur.“

Bis vor vier oder fünf Jahren bekam Professor Zollner – er ist auch Vizerektor der Universität – von afrikanischen, asiatischen und osteuropäischen Bischöfen noch zu hören, Kindesmissbrauch in der Kirche sei ein westliches Problem, „das wir nicht haben. Das höre ich mittlerweile nicht mehr, weder in Osteuropa noch in Afrika oder Asien.“ Im Gegenzug musste auch er etwas lernen, gibt Zollner zu: nämlich dass in Entwicklungs- und Schwellenländern der sexuelle Missbrauch von Kindern immer in einem Zug mit Missbrauch anderer Art gesehen, präsentiert und bekämpft werden muss. „Unter anderem von Verkauf von Kindern oder Jugendlichen und ihren Organen, von Kindern, die in den Krieg ziehen oder Schwerstarbeit leisten müssen, von Kindern in tiefster Armut. Wenn wir als Westler hinkommen und sagen, jetzt kümmert euch auch um den sexuellen Missbrauch, der Kindern und Jugendlichen dort geschieht, dann sagen die, erst einmal müssen wir schauen, dass sie überhaupt etwas zu essen haben.“

Daher hält Zollner es für ratsam, in solchen Ländern das Thema sexueller Missbrauch von Kindern immer in die gesamte UNO-Definition von Kinderrechten einzubauen, wo es um Gesundheit, Bildung, Nahrung, Grundrechte geht. „Wenn man sexuellen Missbrauch in dieser Perspektive sieht, dann hören sie besser zu und dann wissen sie auch, dass es sich nicht nur um ein westliches Problem handelt. Bisher war das so, dass die sich gefragt haben, was haben denn die Westler so mit dem Sex, was ist ihr Problem dabei, dass die in diesen Ländern bis heute wahnsinnig viele und schwere Probleme habe, das ist uns oft nicht so klar, weil wir in unseren Breiten normalerweise keine Kinder haben, die verhungern oder Schwerstarbeit leisten müssen in Minen oder im Krieg. Für sie ist es tagtägliche Realität, deshalb muss man das kombinieren und sehen, wo man das Thema dort platzieren kann, wo es auch hingehört, nämlich in den Schutz der Kinderrechte insgesamt.“

Den von der katholischen Kirche zumal in Deutschland zurückgelegten Weg im Kampf gegen Missbrauch würdigte ein Gast aus Berlin: der Missbrauchs-Beauftragte der deutschen Bundesregierung Johannes-Wilhelm Rörig. Auch er war zur Diplomierung der 19 Studiengangs-Absolventen nach Rom gekommen und sagte im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Die katholische Kirche spielt in Deutschland aber auch international eine sehr wichtige Rolle, weil sie das Thema Schutz von Kindern vor sexualisierter Gewalt weit oben auf der Tagesordnung ihres täglichen Handelns angesetzt hat. Und sie implementiert das Thema als Daueraufgabe. Das ist sehr wichtig. Es hat schon in vielen Diözesen große Investitionen in die Fortbildung der geistlichen, aber auch der Beschäftigen der Diözesen gegeben, und in allen Diözesen in Deutschland in Deutschland sind inzwischen Präventionsbeauftragte tätig. Das ist ein ganz wichtiges Signal auch über die katholische Kirche hinaus an den Bereich der Zivilgesellschaft, und das ist wichtig, dass das Engagement gewürdigt wird, es ist wichtig, dass jene Unterstützung finden, die sich stark engagieren für Prävention, und dass die, die immer noch etwas widerständig sind, an Einfluss verlieren und es selbstverständlich ist, dass in der Katholischen Kirche und darüber hinaus in der Zivilgesellschaft wie etwa an den Schulen alles getan wird, um Kinder vor sexueller Gewalt zu schützen.“

Als das Thema Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche vor sechs Jahren in Deutschland aufkam, kam als erste Reaktion ein erstaunlich starker Reflex des Zurückweisens. Dieser Reflex ist gebrochen, sagt Rörig. Dennoch sieht der Missbrauchs-Beauftragte aus Deutschland noch nicht überall in der Kirche das Ziel erreicht.

„Die Energie, die eingesetzt werden muss den Schutz von Kindern, ist noch nicht so groß wie sie eigentlich sein müsste. Die Widerstände sind vielleicht nicht im Bereich derer, die sich mit Kinderschutz beschäftigen, besonders große, sondern die, die für Finanzen und die Einteilung der Personalressourcen zuständig sind. Denn Schutz vor Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt gibt es nicht zum Nulltarif, weder in der Kirche noch in den staatlichen Schulen noch in den Sportvereinen. In Fortbildungen muss investiert werden, das kostet Geld und Zeit.“

(rv 14.06.2016 gs)








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