2016-06-07 14:58:00

Radioakademie: Auschwitz. Leben und glauben nach dem Terror


Papst Franziskus wird im Juli das ehemalige Konzentrationslager Auschwitz in Polen besuchen. Zur Einstimmung beleuchten wir in unserer Juni-Radioakademie das Thema „Auschwitz: leben und glauben mit und nach dem Terror“. Pia Dyckmans geht im ersten Teil der Frage nach: Wo war und ist Gott in Auschwitz? 

Einer, der seinen Glauben an Gott während seiner Zeit im Konzentrationslager nicht aufgegeben hat, ist Hermann Scheipers. Der Priester, der kürzlich im Alter von 102 Jahren verstarb, war der letzte Überlebende aus dem sogenannten Priesterblock in Dachau. Scheipers wurde 1940 verhaftet, weil er sich um polnische Zwangsarbeiter kümmerte und mit ihnen Messen feierte. 1941 überstellten ihn die Nationalsozialisten ins KZ Dachau. Dort war Scheipers mit weiteren knapp 3.000 evangelischen und katholischen Geistlichen im Priesterblock untergebracht, der eine Kapelle hatte.

Wie die Sardinen in der Büchse feierte man dort die Heilige Messe. „Man konnte zum Empfang der Kommunion nicht vor gehen", erzählte uns Hermann Scheipers in einem Interview vor einigen Jahren. „Da hat jeder Priester eine Hostie auf die flache Hand genommen und der Priester am Altar in der Ferne hat die Intention gehabt, alle Hostien, die in den Händen sind, zu konsekrieren. So konnten wir dann aus der eigenen Hand heraus kommunizieren.“

Manfred Deselaer ist deutscher Priester des Bistums Aachen und lebt in Oswieciem als Auslandsseelsorger, wo wir ihn mit dem Maximilian Kolbe-Werk besuchten. Er arbeitet nun mehr als 25 Jahre im Schatten von Auschwitz. Zu seinen Freunden zählen inzwischen auch viele Holocaust-Überlebende. Besuchen sie Auschwitz, laufen sie auf Deselaer zu und umarmen ihn.

Auschwitz ist ein Ort geworden, der mehr als das konkrete Geschehen bedeutet. Heute steht er für die gesamte Judenvernichtung während des dritten Reiches. Er steht für etwas Unbegreifliches. Aber er hat auch eine symbolische Bedeutung bekommen, erklärt Deselaer. „Zum Beispiel die christlich-jüdischen Beziehungen. Nach dem Exodus aus Ägypten und dem Bundeschluss am Sinai, der Vernichtung des Zweiten Tempels in Jerusalem ist Auschwitz für das jüdische Volk die wichtigste Erfahrung seiner Geschichte. Und das bleibt als Erinnerung. Es passierte im christlichen Europa. Das bleibt als mahnende Erinnerung im christlichen Europa und für die Christenheit.“

Soweit unser Ausschnitt aus dem ersten Teil der Juni-Radioakademie. Sie können die gesamte Radioakademie auf CD nachhören. Gegen eine Spende senden wir sie Ihnen nach dem vierten und letzten Teil am 27. Juni gerne nach Hause. Bestellen können Sie hier.

(rv 07.06.2016 pdy)








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