2016-05-21 13:03:00

Hot Spot: Welche Regeln gelten eigentlich?


Flüchtlingsabkommen, Hot Spots: Der Teufel steckt wie üblich im Detail. Diese Erfahrung machen im Moment auch die Italiener, an deren Küsten ja weiter viele Migranten anlanden. Die NGO Oxfam, die NGO „Borderline Sicilia“ und die Waldenserkirche haben sich zusammengetan, um am Hot Spot von Pozzallo im Osten von Sizilien den übers Mittelmeer Ankommenden ein Hygiene-Set und erste Infos über ihren Rechtsstatus zu geben.

Wobei es eigentlich schon ein Irrtum ist, von einem „Hot Spot“ so zu reden, als ob das ein Ort wäre. „Ein Hot Spot ist keine Struktur, sondern eine Prozedur“, erklärt der Italien-Direktor von Oxfam, Alessandro Bechini. „Das Problem ist allerdings, dass diese Hot Spots keinerlei juridischen Rahmen haben, innerhalb dessen sich seine Aktivitäten abspielen. Und weil dieser juridische Rahmen fehlt, kommt es zu großen Unregelmäßigkeiten, und man vermag den Menschen, die beim Hot Spot befragt werden, keinerlei Garantie zu geben. Die Frage ist also gar nicht, ob man jetzt schwimmende Hot Spots eröffnen sollte oder nicht. Das Problem ist die fehlende juridische Regelung der Hot Spots – wir wissen nicht objektiv, was da genau gemacht wird und welche Prozeduren da genau angewandt werden!“

Das mit den schwimmenden Hot Spots ist eine von vielen Ideen, die derzeit in der EU und auch in der italienischen Regierung zirkulieren. Die Debatte lenkt aus der Sicht von Oxfam davon ab, dass es an Hot Spots zu Prozeduren kommt, die eine Reihe von Menschenrechten verletzen. „Aus den Berichten, die wir haben, ergibt sich, dass das erste Screening der Ankömmlinge von der Polizei durchgeführt wird. Die hat allerdings nicht das Recht, das zu tun, das ist juridisch nicht gedeckt! Oft haben die Personen, die das Screening durchführen, keinen Zugang zu den Informationen, die sie bräuchten; von den Personen, die zum Screening berechtigt sind, gibt es wiederum zu wenige. Vor allem aber werden diese Interviews unmittelbar nach der Landung der Migranten durchgeführt, wenn die unter starkem Stress stehen. Es gibt keinen hinreichend ausgebildeten Mediator, es wird auch kein Text erstellt, aus dem sich ergeben würde, welche Fragen da gestellt und welche Antworten gegeben worden sind. Das öffnet also der Willkür Tür und Tor.“

Vor allem für Frauen und Kinder ist der Stress nach der Landung groß, erzählt Massimo Gnone, Migranten-Verantwortlicher der Waldenserkirche. „Schon in den ersten Tagen, in denen dieses Projekt jetzt läuft, haben wir festgestellt, dass diese Menschen – auch die Jugendlichen, die nicht von Erwachsenen begleitet werden – mehrere Tage, ja sogar Wochen oder Monate am Hot Spot festgehalten werden. Das darf eigentlich gar nicht passieren, ein Hot Spot gilt eigentlich nur der allerersten Identifizierung, und dann müssten die Migranten – vor allem die Minderjährigen – gleich in angemessene Unterkünfte gebracht werden!“

Den Vorschlag mit den schwimmenden Hot Spots, den als erster Italiens Innenminister Angelino Alfano gemacht hat, findet Alessandro Bechini von Oxfam nicht so gut. „Ich verstehe nicht, was das ändern soll! Auch wenn wir die erste Identifizierung auf dem Meer, auf einem Schiff, durchführen, haben wir doch trotzdem einige Menschen, die als schutzbedürftig oder als Asylbewerber gelten, und andere, bei denen das nicht so ist. Und alle werden doch sowieso dann an Land gebracht und durchlaufen dieselbe Prozedur. Das Einzige wäre also, dass die Identifikation an Bord stattfindet. Aber es geht doch gar nicht darum, wie viele Hot Spots man hat oder öffnet, sondern darum, welche Regeln dort gelten und vor allem, wie die Weiterverteilung innerhalb der EU dann funktionieren wird. Solange das nicht geklärt ist, wird da einfach nur an den Prozeduren herumgeschraubt, aber gar nicht die Frage angegangen, was in den Erstaufnahmezentren passiert!“

(rv 21.05.2016 sk)








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