2016-05-08 17:46:00

Vatikan: Gedenktafel für irischen Priester und Menschenretter enthüllt


Am Camposanto Teutonico im Vatikan ist am Sonntag eine Gedenktafel für einen irischen Priester enthüllt worden, der im II. Weltkrieg hier wohnte und mehr als 6.000 Verfolgten des Nazi-Regimes half. Hugh O´Flaherty organisierte in den Jahren 1943 und 1944 die sogenannte „Escape Line“. Zusammen mit weiteren Helfern versteckte er Juden und entflohene Kriegsgefangene zunächst in Klöstern, versorgte sie mit falschen Dokumenten und half ihnen bei der Flucht. Der am vatikanischen Heiligen Offizium – der späteren Glaubenskongregation - beschäftigte Monsignore legte einen hohen Grad an Zivilcourage an den Tag, der auch heute noch ein Modell sein kann, findet Irlands Botschafterin beim Heiligen Stuhl Emma Madigan, die bei der Zeremonie im Camposanto anwesend war.

„Jemand wie Monsignore O´Flaherty tat einfach das, was er als richtig und gut ansah. Was wir heute noch von seinem Erbe mitnehmen können, ist sein Mitleid, sein moralischer Mut, und - besonders in diesem Jahr der Barmherzigkeit - wie wir zugehen auf Menschen ungeachtet ihrer religiösen Zugehörigkeit und wirklich auf die Verletzlichsten in einer Zeit der Not.“

Unter den zahlreich anwesenden Ehrengästen der Feierstunde im Vatikan war auch Hugh O´Flahertys Neffe, der denselben Namen wie sein Onkel trägt. Er lernte den umtriebigen Monsignore aus der Nähe kennen, da er unmittelbar nach Schulabschluss für ein Jahr nach Rom zu seinem Onkel zog, der hier bis 1960 blieb und 1961 in Irland verstarb. O´Flaherty, da ist sich der Neffe sicher, hätte sich sehr darüber gefreut, wie Deutschland sich nach dem Krieg entwickelte.

„Die Wunden wurden verbunden, und wenig später wurde Deutschland auch selbst zum leidenden Land, es gab dieses kommunistische Regime, das sich an die Stelle der Nazis setzte. Die Bevölkerung Deutschlands musste damit klarkommen – und das tat sie. Darüber wäre er sehr glücklich.“

Ein sehr humorvoller, gern lachender Charakter sei er gewesen, dieser Onkel: „Er war ein unmittelbarer Mann, mochte Technik, interessierte sich für die Gegenwart. Er ritt nicht gern auf der Vergangenheit herum“, erzählt O´Flaherty über den nach dem Krieg hochdekorierten Onkel. Nur eines über jene Zeit habe der Monsignore dem Neffen einmal direkt erzählt: die Sache mit Herbert Kappler, dem Nazi-Obersturmbannführer, gewissermaßen sein Erzfeind.

„Was er erzählte, war: Kappler, der Chef der Nazis hier in Rom, ließ nach ihm schicken, als er gefangen wurde, und sagte zu meinem Onkel: es gab eine Zeit, da war es meine Mission, Sie aufzuspüren. Mein Onkel antwortete, nun, das ist vorbei, was kann ich für Sie tun? Kappler sagte, ich habe zwei Bitten. Erstens, ich möchte gerne katholisch werden. Zweitens, ich hätte gerne, dass Sie bei meiner Hinrichtung anwesend sind. Der Onkel wollte bei niemandes Hinrichtung dabei sein; und er riet ihm auch, seine Religion nicht zu wechseln, weil das so aussehen würde, als sei er auf einen Gefallen aus. Er riet ihm, die Dinge nicht zu überstürzen.“ Und so geschah es. Einmal im Monat besuchte der irische Monsignore den Nazi im Gefängnis. 1959 taufte er ihn. Kappler starb 1978 an Krebs.

Auch wenn O´Flaherty selbst kaum darüber sprach: Sein mutiger Einsatz im Vatikan für Verfolgte der Nazi-Diktatur blieb nicht unentdeckt. Der Neffe erinnert sich:

„Lord Beaverbrook, der zu der Zeit die britische Zeitung Express leitete, das war damals die meistgelesene Zeitung der Welt, glaube ich, Beaverbrook war ein großer Bewunderer meines Onkels und wusste alles darüber, was er getan hatte. Und er brachte er groß heraus. Aber sehr zu meinem Leidwesen wollte sich mein Onkel gar nicht dazu äußern! Wie gesagt, er lebte sehr in der Gegenwart, was vergangen war, war vergangen.“

Einem größeren Kreis wurde Hugh O´Flaherty durch einen Kinofilm bekannt. In dem Streifen „Im Wendekreis des Kreuzes“ von 1983 spielt Gregory Peck den Part des irischen Widerstandskämpfers vom Heiligen Offizium. In den vergangenen Jahren fördert die zeitgeschichtliche Forschung immer mehr Details über das unerschrockene Wirken von Hugh O´Flaherty zutage.

(rv 08.05.2016 gs)








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