2016-04-18 11:18:00

Ukraine: Die Bevölkerung ist am Limit


Solidarität mit der Ukraine: Papst Franziskus hat für den 24. April zu einer europaweiten Kollekte in allen Gottesdiensten für die notleidende Bevölkerung in der Ukraine aufgerufen. Dadurch solle das materielle Leiden der Menschen gelindert und die Solidarität der Kirche mit der leidenden Bevölkerung zum Ausdruck gebracht werden, so der Papst.

Der Krieg in der Ostukraine hat bis jetzt fast 10.000 Tote gefordert, zehntausende Menschen wurden verletzt, hunderttausende sind traumatisiert. Fast zwei Millionen Ukrainer wurden in ihrem eigenen Land zu Binnenvertriebenen, mehr als eine Million flüchteten ins Ausland. Insgesamt sind mehr als fünf Millionen Menschen von den Wirren des Krieges betroffen, darunter mehr als 1,7 Millionen Kinder.

Bischof Borys Gudziak, Außenbeauftragter der Ukrainischen Griechisch-katholischen Kirche, beklagt gegenüber der Agentur Kathpress, dass der Westen weitgehend negiere, dass in der Ukraine der Krieg immer noch weitergeht, trotz eines Waffenstillstandsabkommens. „Die Ankündigung der Kollekte durch den Papst ist von großer Bedeutung. Sein Aufruf zu Solidarität hat natürlich eine materielle Seite, und die humanitäre Krise ist ja auch sehr groß, aber die moralische Bedeutung ist glaube ich noch größer“, so Gudziak.

Die Bevölkerung sei „am Limit", so der Bischof wörtlich. Das ukrainische Volk ertrage die Leiden des Krieges mit großer Würde und viel interner gegenseitiger Solidarität. Das habe es für den Westen bisher auch leicht gemacht wegzuschauen. Doch damit müsse nun Schluss sein. „Betet für Frieden und Gerechtigkeit in der Ukraine, informiert andere über unsere Situation und helft uns auch materiell", so der Appell des ukrainischen Bischofs.

Die Ukraine sei nach zwei Jahren Krieg auch wirtschaftlich am Ende und ausgeblutet. Der Krieg und zuvor das korrupte Regime des früheren Präsidenten Viktor Janukowytsch hätten das Land ausgeraubt. Allein durch die dramatische Inflation (zuletzt 44 Prozent) hätten die Ukrainer rund zwei Drittel ihres Vermögens bzw. der damit verbundenen Kaufkraft verloren. Bis zu 1,5 Millionen von den rund 42 Millionen Ukrainern seien sogar auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, berichtete der Bischof. „Die Ukraine hat 40 Millionen Einwohner und dazu zwei Millionen, die im Land auf der Flucht sind. Der Haushalt etwa Deutschlands ist 45 Mal so groß wie der der Ukraine, so dass die Belastung immens ist. Obwohl die Reaktionen der vergangenen zwei Jahre sehr würdig ausgefallen sind habe ich das Gefühl, dass die Menschen erschöpft sind.“

Der Aufruf des Papstes sei auch ein wichtiger Schritt hin zum Frieden, zeigte sich Bischof Gudziak überzeugt. Es brauche aber noch viele mehr internationale Bemühungen: So müssten etwa die Sanktionen gegen Russland unbedingt aufrecht bleiben, forderte Gudziak. Nur so könne die russische Aggression gestoppt werden.

Bischof Gudziak erinnerte an die Begegnung von Papst Franziskus mit dem Moskauer Patriarchen Kyrill in Havanna im Februar. Die von den beiden unterzeichnete Erklärung sei in der Ukraine sehr kritisch aufgenommen worden, da sie zu sehr die russische Position im Ukraine-Konflikt darstelle. Der Papst habe hinterher auch eingeräumt, dass es sich um einen Kompromiss gehandelt habe. Mit seiner aktuellen Initiative mache der Papst aber deutlich, wie nahe er dem ukrainischen Volk sei. „Das ist die Sprache des Papstes. Er ist ganz nah bei den Armen", so Gudziak. „Das ist auch etwas, was ganz oben auf der Liste von Papst Franziskus’ Prioritäten steht. Wir sind alle sehr dankbar, dass er zur Spende aufruft und wir werden für die Solidarität der Katholiken Europas dankbar sein. Wir bitten um Gebet und wir bitten darum, dass man sich informiert und andere darüber informiert, was passiert, und dass man den Betroffenen Menschen auf jede mögliche Weise hilft.“

Der Bischof würdigte in diesem Zusammenhang auch den neuen Nuntius in der Ukraine, Erzbischof Claudio Gugerotti: Er sei bereits zwei Mal in den von den Separatisten besetzten Gebieten gewesen, um der Bevölkerung nahe zu sein und die Solidarität der Kirche zu bezeugen.

 

(kap 18.04.2016 ord)








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