2016-03-25 11:36:00

Ägypten: IS hat seinen Ursprung in innerislamischem Konflikt


Der islamistisch motivierte Terrorismus hat seine Wurzeln in einem Konflikt, der zunächst einmal innerhalb des Islam selbst entstanden ist. Das sagt im Interview mit Radio Vatikan der Jesuitenpater Samir Khalil Samir. Der ägyptische Islamwissenschaftler ist profunder Kenner des Islam und seiner Ausprägungen; er hat Lehraufträge auf der ganzen Welt wahrgenommen und war lange Jahre am päpstlichen Institut „Orientale“ in Rom tätig.

„Das Problem hat seinen Ursprung innerhalb des Islam: das Modell, das wir jetzt auf der ganzen Welt sehen, des Daesh oder IS, ist auf Horror aufgebaut. Dieser Horror wird auch als Propagandamittel genutzt, um andere dazu zu bringen, sich ihnen anzuschließen.“

Der Konflikt zwischen den verschiedenen Lesarten des Islam, der diesen Gewaltausbrüchen zugrunde liegt, sei offensichtlich, so Pater Samir:

„Das hat seinen Ursprung in einem Zusammenstoß zwischen Fundamentalisten und radikalen Extremisten auf der einen Seite und den Moderaten und Intellektuellen auf der anderen Seite, die sagen: ,Wir müssen den Islam neu denken.´ Die Dominante in diesen islamistischen Bewegungen ist es nun zu sagen, dass sie bestimmte Koranstellen befolgen und damit zu Gewalt aufrufen.“ Die moderaten Gläubigen hingegen würden dieselben Stellen im Kontext lesen und daraus folgern, dass die Welt sich in 14 Jahrhunderten geändert habe. Deshalb sei ihrer Auffassung nach eine wortwörtliche Befolgung dieser Stellen nicht sinnvoll. „Es ist also ein innerislamischer Konflikt, der aktuell auch durch die wirtschaftliche Stärke von Ländern wie Saudi-Arabien und Katar beeinflusst wird, die die theologisch fanatischste Sicht des Islam vertreten, den Wahabismus. Wenn man nun diese Vision nimmt und auch die materielle Gewalt hinzufügt, dann kommt der terroristische Radikalismus dabei heraus.“

Doch man müsse auch bedenken, warum gerade der Westen als Feindbild herhalte, so Pater Samir. Denn der Westen werde nicht nur als die andere Weltmacht wahrgenommen, sondern auch als vor allem christlich geprägt. Deshalb seien diese Terrorakte ein Teil der angestrebten ,Eroberung der Welt´ durch den fundamentalistischen Islam. Problematisch werde es allerdings, wenn der Westen durch junge Menschen angegriffen werde, die eigentlich hier zu Hause sein müssten, wie es bei den jüngsten Anschlägen in Paris und Brüssel deutlich geworden sei.

„Das ist die Frage, die Europa besonders betrifft: Was haben wir getan, um den Muslimen im tieferen Sinne zu helfen und sie zu integrieren? Die Muslime sind keine Terroristen, aber unter den Muslimen – mit Bezug auf den Koran und die islamische Tradition, die auf ihre Weise interpretiert wird – entsteht der Terrorismus. Auf der einen Seite ist der Hass, weil der Westen die Welt auf verschiedenen Ebenen dominiert, von der Kultur bis zur Politik. Auf der anderen Seite, weil er atheistisch und nicht religiös ist, also der Feind, den es zu beseitigen gilt. Als der Westen gläubiger war, war ein Dialog möglich, auch wenn es Gegensätze gab. Jetzt ist der Dialog unmöglich geworden!“

(rv 25.03.2016 cs)








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