2016-03-14 11:26:00

Frühmesse: Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht...


Der Obdachlose, der mitten in Rom erfror. Die vier Mutter-Teresa-Schwestern, die im Jemen barbarisch umgebracht wurden. Die Menschen der „Terra dei fuochi“ in der italienischen Region Kampanien, die wegen des illegalen Giftmülls schwer erkranken. Es waren die „finsteren Schluchten“ (vgl. Psalm 23) unserer Tage, an die Papst Franziskus an diesem Montag bei seiner Frühmesse erinnerte.

Der Papst ging von der Lesung aus dem alttestamentlichen Buch Daniel (Kap. 13) aus, die berichtet, wie eine Frau namens Susanna durch Verleumdung ein Todesurteil riskiert, doch durch das Eingreifen des Propheten gerettet wird. „Wenn wir heute auf so viele finstere Schluchten schauen, so viel Unglück, so viele Menschen, die an Hunger sterben, durch Krieg, so viele behinderte Kinder... und wenn man die Eltern fragt: Welche Krankheit hat er denn?, dann antworten sie: Das weiß keiner, man nennt es eine seltene Krankheit... Denken wir an das, was wir anrichten – denken wir an die Tumore in der „Terra dei fuochi“... Wenn du das alles siehst – aber wo ist denn der Herr? Wo bist du? Gehst du mit mir? So fühlte damals Susanna. So fühlen wir. Du siehst diese vier abgeschlachteten Schwestern – sie dienten aus Liebe, aber sie wurden abgeschlachtet aus Hass! Wenn du siehst, wie man die Türen vor den Flüchtlingen schließt und sie draußen lässt, unter freiem Himmel, in der Kälte... Herr, wo bist du?“

Wie kann man Gottvertrauen haben, wenn man all das Elend der Welt sieht?, fragte Franziskus weiter. Und antwortete dann selbst: Nur eine Antwort gebe es auf solche Fragen. Eine Antwort, die aber keine Erklärung sei.

„Warum leidet ein Kind? Ich weiß es nicht – es ist ein Geheimnis, für mich. Nur etwas Licht gibt mir – nicht dem Verstand, sondern der Seele – Jesus im Garten Getsemani: Vater, diesen Kelch nicht! Aber dein Wille geschehe... Er vertraut sich dem Willen des Vaters an. Jesus weiß, dass mit dem Tod und dem Leiden nicht alles endet, das ist das letzte Wort am Kreuz: Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist! Und so stirbt er. Sich Gott anvertrauen, der mit mir geht, der mit meinem Volk geht, der mit der Kirche geht. Und das ist ein Akt des Glaubens. Ich vertraue mich jemandem an. Ich weiß nicht... Ich weiß nicht, warum dies und das geschieht – aber ich vertraue mich (dir) an. Du wirst schon wissen, warum...“

Und das sei die Lehre Jesu: Wer sich dem Herrn, dem Hirten, anvertraut, dem fehlt es an nichts, so Franziskus mit den Worten von Psalm 23. Auch beim Wandern durch die finstere Schlucht „weiß man, dass das Böse vorübergeht, dass es kein definitives Böses geben wird“, weil der Herr mit uns sei. „Dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht.“

Franziskus riet seinen Zuhörern, um die Gnade zu beten, sich Gottes Händen anzuvertrauen – „auch in den häßlichen, den dunklen Momenten, auch im Augenblick des Todes“. „Es wird uns heute gut tun, an unser Leben zu denken; an die Probleme, die wir haben; und um die Gnade zu bitten, uns den Händen Gottes anzuvertrauen. Wenn man bedenkt, dass so viele Menschen im Augenblick des Todes noch nicht mal gestreichelt werden. Vor drei Tagen ist hier auf der Straße ein Obdachloser gestorben – er ist erfroren. Mitten in Rom, einer Stadt mit allen Möglichkeiten zur Hilfe. Warum, Herr? Noch nicht mal ein letztes Streicheln... Aber ich vertraue mich dir an, denn du enttäuschst nicht.”

„Herr, ich verstehe dich nicht“: Das sei „ein schönes Gebet“, fand Franziskus. Und fuhr fort: „Und auch wenn ich dich nicht verstehe – ich vertraue mich deinen Händen an.“

(rv 15.03.2016 sk)








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