2016-03-13 11:41:00

Südsudan: Ein Land versinkt immer mehr im Krieg


Nirgendwo auf der Welt werden derzeit die Menschenrechte schlimmer verletzt als im Südsudan. Zu diesem Ergebnis kommt ein UNO-Bericht, der jetzt in Genf veröffentlicht wurde und schockierende Details aus den zwei Jahren des Bürgerkriegs enthält. Von zahlreichen Vergewaltigungen durch Soldaten ist da die Rede, von Zivilisten, die bei lebendigem Leib verbrannt, von Leichen, die zerhackt werden.

Die Greuel, die der Bericht aufführt, gehen vor allem von der offiziellen Armee im jüngsten Staat der Welt aus und richten sich gegen alle, die verdächtigt werden, mit der Opposition zu sympathisieren. Allein in fünf Monaten des Jahres 2015, und allein in einem der zehn Bundesstaaten Südsudans, wurden 1.300 Fälle von Vergewaltigung gezählt.

Elisabetta D’Agostino lebt seit drei Jahren in der Hauptstadt Juba; sie arbeitet für eine italienische NGO. „Hier in der Haupstadt kommen viele Nachrichten an“, sagt sie im Interview mit Radio Vatikan, „einige sind bestätigt, die anderen nur Gerüchte. Aber auch Kollegen von anderen humanitären Organisationen melden alle übereinstimmend, dass die Lage äußerst instabil ist und dass die Hauptopfer in diesem Konflikt jedenfalls Zivilisten sind. Vor zwei Wochen ist es sogar zu einem bewaffneten Angriff in einem Flüchtlingslager gekommen, auf dem Gelände der UNO-Mission, bei dem einige Flüchlinge ums Leben kamen. Ich glaube, dass die immer verzweifeltere wirtschaftliche Lage des Landes zur Verschärfung des Konflikts einiges beisteuert. Es gibt sehr viele Soldaten und Militärs, aber nicht mehr genug Ressourcen, um sie zu bezahlen.“

Die UNO beschuldigt die Regierung Südsudans, ihre Militärs zu  Vergewaltigungen anzureizen und das als Ersatz für nicht bezahlten Sold zu betrachten. „Das haben wir hier auch gehört, und es gibt auch einige Bestätigungen dafür, dass Soldaten der Regierungsarmee SPLA direkt an Angriffen auf Dörfer beteiligt sind, bei denen es zu massiven Plünderungen, Vergewaltigungen und Tötungen von Zivilisten kommt. Diese Fälle werden aus mehreren Bundesstaaten gemeldet, weil der Konflikt sich ausgeweitet hat. Die Militärs können offenbar tun, was sie wollen, und sich an der Bevölkerung schadlos halten.“

In Juba selbst sei der Konflikt „nicht direkt“ zu spüren, doch seien Kriminalität und Unsicherheit in der Hauptstadt stark gestiegen. Oft würden die Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen zu Opfern von Gewalt, auch hier gebe es Fälle von Vergewaltigungen. „Diese Art von Verbrechen bleibt straflos. Trotz aller Aufrufe der NGOs haben die Vereinten Nationen wenig getan, um die Regierung zu mehr Sicherheitsmassnahmen anzuhalten.“

Besonders besorgt ist Frau D’Agostino über den freien Fall der südsudanesischen Wirtschaft. „Der Sterling hat gegenüber dem Dollar eine gigantische Abwertung erlebt, und der Krieg verhindert die Ölförderung, die eigentlich die Hauptressource des Landes ist, und auch das bisschen Landwirtschaft, das den Menschen ein Minimum von Lebensunterhalt sicherte. In der jetzigen Trockenzeit registrieren wir immer mehr Fälle von Mangelernährung; dazu kommt ein sehr schlechtes Gesundheitssystem, das wegen der fehlenden Infrastruktur für große Teile der Bevölkerung ohnehin unerreichbar ist. Viele NGOs bemühen sich, das lokale Gesundheitssystem zu stärken, aber das reicht hinten und vorne nicht, und der Konflikt verschlimmert die Lage natürlich noch. Das ist ein Land mit fast vier Millionen Binnenflüchtlingen, die schlechthin alles brauchen. Und um die Wahrheit zu sagen: Die Gelder für humanitäre Hilfe werden weniger. Die Geber halten sich auch deshalb zurück, weil Regierung und Opposition keinen Willen haben, Friedensabkommen zu unterzeichnen.“

(rv 13.03.2016 sk)








All the contents on this site are copyrighted ©.