2016-02-24 14:34:00

Bundespolizei: „Lage in Clausnitz ist mehrschichtig“


In Bautzen brennt ein Flüchtlingsheim, in Clausnitz steht ein krakeelender Mob um einen Reisebus – beschriftet mit „Reisegenuss“ – der Flüchtlinge sicher zu ihrer Unterkunft bringen soll und mitten drin die Polizei, die für Ordnung sorgen muss – notfalls unter Zwang, also leichter Gewaltanwendung. Während die wenigen Polizisten in Clausnitz versuchten für Ordnung zu sorgen, schreit die Menge „Wir sind das Volk“, wollen die Flüchtlinge vertreiben und Rest Deutschland schämt sich, dass gerade dieser Satz an diesem Ort so missbraucht wird.

So schwarz-weiß, wie es vielen erscheint, ist die Lage nicht, das Problem ist vielschichtiger, erklärt Pater Jordanus von Sachsen Brand, katholischer Dekan der Bundespolizei: „Die Sachsen haben das Problem, dass sie ohne Dialog vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Das kennen sie noch von den Diktaturen. Daher ist Sachen diesbezüglich etwas sensibler als andere Länder und nicht so eingeschlafen.“ Nicht nur die Öffentlichkeit in Deutschland, auch die Polizisten waren auf die Menge von Menschen, die nach Deutschland kommen, nicht vorbereitet. Immer wieder habe sie die Politik gewarnt, vor dem was kommen soll – gerade vor dem G7-Gipfel in Elmau – berichtet Pater Jordanus.

Doch auf die Warnungen seien nicht gehört worden, und ohne Vorbereitung habe Angela Merkel letztes Jahr den Schalter auf Willkommenskultur umgelegt. Nun kommen an die 5.000 Flüchtlinge pro Tag, für alle Seiten anstrengend, wie Pater Jordanus beschreibt. So schaukeln sich Situationen wie in Clausnitz dann auch hoch: „Beide Seiten haben sich gegenseitig provoziert, es ist nicht nur von einer Seite so geschehen, sondern auch die Migranten haben provoziert. Das ist mehrschichtig, man kann das nicht so einseitig sehen. Aber natürlich wissen wir alle, dass diese Form der Aggression – das hat mit rechts oder links nichts zu tun – nicht gut ist gegenüber Menschen.“

Deutschland empört sich genau darüber, über die Aggression der Polizei gegenüber dem Flüchtlingskind, dass ein Polizist unter Zwang – wie es im Polizeijargon heißt – ins Haus gebracht hat. All zu oft wird der Polizei den Schwarzen Peter zugeschoben, beschwert sich auch Hagen Husgen, Gewerkschaftschef der sächsischen Polizei, denn für die Polizei ist dieser Ausnahmezustand – ob Bundespolizei oder Landespolizei – auch nicht genehm, weiß Pater Jordanus: „Das schlimme ist, dass die Polizisten rund um die Uhr – wochenlang bzw. monatelang – im Einsatz sind. Das vergessen die meisten. Früher hatten sie einen Einsatz für vier oder fünf Wochen und dann ist Schluss. Der jetzige Einsatz geht aber schon monatelang. Das macht die Familien instabil – zehn Tage sind die Polizisten weg, dann kommen sie zum Wäschewaschen nach Hause und dann geht’s in den nächsten Einsatz.“

Neben den Flüchtlings-Einsätzen muss die Polizei auch ihre sogenannten normalen Aufgaben erfüllen. Diese zunehmenden Aufgabenfelder bei gleichbleibenden Personal wirken sich zunehmend belasten aus. Die Seelsorge kann da nur stabilisierend entgegenwirken und zwar vor Ort, für sogenannte Beruhigungsseminare bleibt nun keine Zeit mehr. „Dann versuchen wir vor Ort gemeinsam mit den Beamten den Weg zu gehen – an ihren Dienstorten und Dienststellen. Dort kann man sie so einigermaßen einfangen. Uns gegenüber können sie dann ihr Herz öffnen. Das reicht schon. Nach dem alten Prinzip, eine Rede oder ein Gespräch kann in vielen Dingen auch heilen.“

 

(rv 24.02.2016 pdy)








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